Jodeln: Aus Tradition wird Trend
Die Schweiz und Österreich sind unter anderem für eine ganz besondere Form des Gesangs bekannt: das Jodeln. Was von vielen jedoch lange als altmodisch und sehr traditionell angesehen wurde, wird immer beliebter. Ein Jodel-Studiengang entsteht an der Hochschule Luzern und Lieder, in denen gejodelt wird, werden im Internet zum Trend. Der Schweizer Markus Prieth hat ein Festival fürs Jodeln ins Leben gerufen.
SPRECHER:
Das Jodeln: eine Tradition aus den Alpen. Doch ist es deshalb altmodisch? Das sieht hier niemand so – beim “OU Jodelfest” in Gonten in der Schweiz.
MANN:
Des is a Lebensfreude – wenn so … wenn so a Tag dann auf einmal Lebensfreud‘ hat, dann kannst du‘s einmal raus da lassen.
SPRECHER:
In Workshops kommen Anfänger und Fortgeschrittene zusammen – darunter auch einige jüngere Teilnehmer.
MANN:
Weil es cool ist. Es ist zeitlos. Also wenn etwas richtig gut ist, dann ist es nicht ans Alter gebunden, finde ich.
FRAU:
Ich glaub, wenn man Freude hat an der Stimme, dann kommt es nicht drauf an, ob es für die Alten oder die Jungen gemacht ist. Ich glaub Musik ist für alle gemacht.
SPRECHER:
Gerade erlebt der alpine Gesang ein Comeback – zum Beispiel in modernen Interpretationen: Beim Eurovision Song Contest 2017 schafft es dieser Mix aus Jodeln, Rap und Pop aus Rumänien immerhin auf den siebten Platz.
Ein viraler Hit: “Ma Chérie” des Schweizers DJ Antoine in der Jodel-Version als Werbung für den Kanton Wallis.
Jodeln kann man heute auch mit einer App erlernen.
Oder sogar an der Universität: Seit knapp einem Jahr kann man an der Hochschule Luzern Jodeln studieren – im Studiengang Volksmusik. Doch Jodeln ist gar nicht so einfach. Typisch sind die schnellen Wechsel zwischen tiefer Brust- und hoher Kopfstimme – auch beim „Dudler“, der Wiener Form des Jodelns. Das Besondere hier: Der „Dudler“ ist keine reine Vokalmusik, sondern wird von Instrumentenbegleitet. Jodeln ist vor allem auch ein Gemeinschaftserlebnis.
FRAU:
… gibt‘s auch unheimlich Energie. Also ich merk das immer wenn wir … wenn wir wirklich hier auf Jodel-Festivals sind – man kann fast nicht einschlafen, weil man so … weil man so energetisiert ist.
SPRECHER:
Das Jodeln soll als Kommunikationsform in den Bergen entstanden sein, durch Rufe von einer Alm zur anderen. Heute wird eher zum Spaß gejodelt – so wird die Tradition in die Gegenwart geholt, zum Beispiel über Improvisation.
MARKUS PRIETH (Veranstalter des „OU Jodelfests“)
Ich kann natürlich reden und dann irgendwie …
SPRECHER:
Der Musiker Markus Prieth organisiert das Jodelfest und beobachtet, dass immer mehr Menschen das Jodeln für sich entdecken.
MARKUS PRIETH:
Die Leute suchen vielleicht auch wieder was Eigenes. Man hört in Kursen immer so wieder: Ja, ich will an meine Wurzeln. Aber jeder hat seine eigene Geschichte, wie er dazu kommt: manche über die Stimme, manche über die eigene musikalische Geschichte und da entdecken sie halt im Jodeln, weil es keine Sprache hat, keine Wortbedeutungen in diesem Sinne, weil es auch eine Herausforderung darstellt, weil auch das Klischee einen Reiz darstellt.
SPRECHER:
Jodeln ist also längst mehr als der einst so belächelte Alpengesang – auch außerhalb der Berge. Im nächsten Jahr zieht das “OU Jodelfest” zum ersten Mal in die Großstadt: nach Berlin.