Manuskript

Klimafreundliches Bauen mit Holz

Vor allem in den Städten wird meist mit Beton gebaut. Dabei hätten Gebäude aus Holz nicht nur mehr Atmosphäre, sie wären vor allem auch klimafreundlicher. Denn die Zementindustrie verursacht sehr viel CO2. In Berlin sollen deswegen jetzt Wohnhochhäuser, Schulbauten und ganze Stadtviertel komplett aus Holz gebaut werden.

SPRECHER:
Es spricht überhaupt nichts dagegen, auch mal mit solchen Bildern zu beginnen. Nur leider haben Rehe mit dieser Geschichte rein gar nichts zu tun. Hier geht es um Baustellen, um Betonbaustellen, und darum, wovon die Menschen, die im Beton wohnen, nachts träumen. Wahrscheinlich von Bäumen und Lichtungen, vom Wald und seinen Bewohnern. Kein Wunder also, dass bei manchem die Sehnsucht wächst, nicht mehr in Beton zu wohnen, sondern in Holz. Fast schon jeder fünfte Neubau in Deutschland soll aus Holz sein. Woran liegt das?

FARID SCHARABI (Architekt):
Jeder, der in so eine Holzbauwohnung reinkommt, ist eigentlich fast immer fast erschlagen von dieser Qualität und Atmosphäre in der Wohnung.

THOMAS BESTGEN (Geschäftsführer UTB Projektmanagement):
Wenn Sie in ein Holzhaus, was fertiggestellt ist, reingehen, können Sie ab dem ersten Tag sich bauphysikalisch wunderbar wohlfühlen und haben eine ganz andere Wohnatmosphäre.

SPRECHER:
Und so soll das auch hier sein: im Woho, im höchsten hölzernen Wohnhochaus Deutschlands, 98 Meter, 29 Etagen. Solche Projekte gibt es mittlerweile überall auf der Welt. Leuchtturmprojekte. Da kann Berlin nicht außen vor bleiben.

THOMAS BESTGEN (Geschäftsführer UTB Projektmanagement):
Das Land Berlin hat sich ja entschieden, ganze Quartiere aus Holz zu bauen, Kurt-Schumacher-Quartier, die Schulbauten sollen komplett aus Holz gebaut werden. Und ein Stück weit hat es schon ’ne Berechtigung. Wir haben … wir müssen in die Klimaneutralität rein in den Städten, und da hilft Holz als Baustoff natürlich erheblich. Holz hat CO2 Jahrhunderte lang gebunden, und wenn es jetzt verbaut wird, bleibt es gebunden, und das ist der entscheidende Unterschied zum Werkstoff Beton.

SPRECHER:
Ja, das stimmt wohl. Beton ist klimaschädlich. Die für den Beton so wichtige Zementindustrie hat 2019 dreimal so viele Emissionen ausgestoßen wie der weltweite Luftverkehr, sagt der Weltklimarat IPCC. Und Quizfrage: Wie viel trägt der Bau und die Nutzung von Häusern zu den weltweiten CO2-Emissionen bei? Laut einem UN-Report sind es: 38 Prozent.

Beton ist im Bau immer noch die Regel, auch in Berlin wird wieder fast ein ganzes Quartier ausschließlich in Beton gebaut. Nur ein Haus soll zum Teil aus Holz sein. So soll es mal aussehen. Ende des Jahres soll es fertig sein. Sockel und Treppenhaus aus Beton, der Rest Holz. Der Architekt Farid Scharabi macht das schon seit über zehn Jahren, einer der ersten in Berlin.

FARID SCHARABI (Architekt):
Wir sind definitiv Pioniere und wir haben auch gelitten, wie Pioniere eben so leiden. Also, wir mussten den Weg bereiten, wir haben da viele Hürden genommen, wir haben gegen viele Widerstände auch ankämpfen müssen auch in den Behörden. Wir mussten uns ein Fachplaner-Team zusammenstellen, wir mussten natürlich auch die Bauherren überzeugen. Am Anfang war das alles andere als einfach.

SPRECHER:
Dies ist eins seiner letzten Projekte. Ein sechsgeschossiger Holzmassivbau mit rund 40 Wohneinheiten. Damit standen der Architekt und sein Team im Finale des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2021.

FARID SCHARABI (Architekt):
Unser Büro hat sich für den Holzbau erwärmt, das sag ich ganz offen, gar nicht so sehr aus ökologischen Gründen. Also, das war im Jahr 2007, vielleicht habe ich zum ersten Mal darüber 2005 nachgedacht, ’n ästhetischer Aspekt. Ich fand das einfach schön. Die Entdeckung, dass das auch noch hochökologisch ist und dass da darin CO2 gespeichert wird, und zwar auch in erheblichen Mengen, das ist mir, ehrlich gesagt, erst mehrere Jahre danach aufgegangen.

SPRECHER:
Auch beim Holzhochhaus geht es um mehr als nur um den ökologischen Fußabdruck. Das soll kein Turm werden für Superreiche. In dem Haus sollen alle Gesellschaftsschichten zusammenleben.

THOMAS BESTGEN (Geschäftsführer UTB Projektmanagement):
Es ist ja nachbarschaftliches Wohnen, es ist gemeinschaftliches Wohnen. Wenn man in so ein Projekt einzieht, muss man auch ’ne gewisse Haltung mitbringen, weil Holz lebt, Holz bewegt sich, Holz knackt, das heißt, man muss damit umgehen können und man muss das auch wollen.

SPRECHER:
Na ja, zunächst einmal muss man Bäume fällen wollen. Da darf man schon mal fragen, was ist daran eigentlich klimafreundlich?

THOMAS BESTGEN (Geschäftsführer UTB Projektmanagement):
Was richtig ist, ist, wir dürfen es nicht nachhaltig kahlschlagen, dass es auch nicht mehr nachwachsen kann, sondern wir sollten selektiv die Ressourcen, die wir in Deutschland und in Mitteleuropa haben, nutzen können. Wenn’s darüber hinausgeht, wird’s sicherlich nicht mehr so nachhaltig, wie wir uns das wünschen.

SPRECHER:
Auf dem Bauplatz im Zentrum Berlins hat man mit den Vorbereitungen noch nicht begonnen. In ein paar Jahren soll das Hochhaus hier in den Himmel wachsen. 2026 kann es fertig sein.

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