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Proteste gegen den Abbau von Agrarsubventionen

Die deutsche Landwirtschaft ist abhängig von Subventionen, um günstig Lebensmittel produzieren zu können. Eine dieser staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ist die Subventionierung von Diesel für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Die plant die Regierung nun abzubauen – sehr zum Ärger der Bäuerinnen und Bauern, die zu Protesten aufrufen.

SPRECHER:
Alle Maschinen auf dem Hof von Peter Kaim im Landkreis Havelland westlich von Berlin werden mit Dieselmotoren angetrieben. Er und seine Mitarbeiter bewirtschaften den Familienbetrieb mit rund 1000 Hektar Ackerland und 170 Milchkühen. Wenn er seine fünf Traktoren mit Diesel betankt, wird es teuer. Dieser Schlepper hat eine Tankfüllung von allein 480 Litern. Rund 21 Cent pro Liter hat er bislang vom Staat zurückbekommen.

PETER KAIM (Landwirt):
Wir verbrauchen 120.000 Liter Diesel im Jahr und diese Agrardiesel-Rückerstattung mit 21 Cent, das bedeutete für uns immer 25.000 Euro Erstattung.

SPRECHER:
Diese Agrardieselsubvention soll bis 2026 schrittweise auslaufen. Der Landwirt und viele seiner Kollegen wollen sich das nicht gefallen lassen und beteiligen sich an den Protesten.

PETER KAIM:
Mitmachen natürlich, weil die Betroffenheit so groß ist, also das ist für unseren Betrieb wirklich ein harter Einschnitt, diese Entscheidungen, die jetzt dort auf dem Tisch liegen.

SPRECHER:
Diese Demonstration soll in der Region Havelland erst der Auftakt sein zu weiteren Protesten. Die Bauern sind entschlossen, sie wollen Autobahnauffahrten blockieren und ganze Städte lahmlegen.

ANTJE SCHULZE (Ehefrau eines Landwirts):
Und ich seh‘ das natürlich selber bei uns in der Familie, wie hart es ist als Familienbetrieb, davon noch zu leben. Und wenn man nicht noch nebenbei Einkünfte hat, wird‘s immer schwieriger. Und wenn uns jetzt noch das ... die Subventionen gestrichen werden, dann weiß ich tatsächlich nicht mehr, wie‘s funktionieren soll.

PAULINE HIRSCHBERG (Auszubildende „Erntekönigin Brandenburg“):
Die junge Generation hat Angst. Ich hör‘ von ganz vielen: Wir haben Angst. Kriegen wir überhaupt noch ‘n Job später, wenn das alles so umgesetzt wird, wie es eben geplant ist? Und dafür bin ich eben hier, um zu zeigen, wir sind damit nicht einverstanden.

STEFAN WENTSCHE (Landwirt):
Wir kriegen jetzt schon bedeutend weniger Fördermittel wie, ich sag‘ mal jetzt vor vier, fünf Jahren, ja? Und mit dieser Streichung jetzt geht‘s uns an die Existenz.

SPRECHER:
Subventionen sind in der Landwirtschaft Alltag. So erhalten deutsche Landwirte rund 300 Euro Direktzahlungen aus dem EU-Haushalt pro Jahr und Hektar. Die Streichung der Agrardieselförderung würde nur fünf Prozent der ohnehin gezahlten Subventionen ausmachen, so Agrarökonom Alfons Balmann. Die Förderung von Agrardiesel hält er für überholt.

ALFONS BALMANN (Agrarökonom Leibniz-Institut Halle):  
Für die Landwirtschaft sind diese Kürzungen verschmerzbar. Die Betriebe haben in den letzten Jahren sehr gut verdient. Zudem sind sie relativ stark an Eigenkapital, sodass sie auch kleine Rückschläge gut verkraften können.

SPRECHER:
Bei der kapitalintensiven Landwirtschaft zählt jeder Cent in der Kasse, so die Landwirte. Sie fürchten, im Wettbewerb mit anderen EU-Staaten abgehängt zu werden. So verlangen nur drei EU-Länder höhere Steuern auf Agrardiesel als derzeit noch in Deutschland, jedoch 18 EU-Länder haben geringere Steuern auf Agrardiesel. Da fühlen sich die deutschen Landwirte im Nachteil.

PETER KAIM:
Wir produzieren unsere Marktprodukte, also Brotweizen, Gerste, Winterraps, auf Weltmarkt-Niveau. Also, es gibt ‘n Weltmarktpreis, und wenn wir durch die Nicht-Mehr-Dieselerstattung einen Produktionsnachteil haben, dann können wir nicht konkurrenzfähig produzieren.

SPRECHER:
In Deutschland gibt es noch rund 250.000 landwirtschaftliche Betriebe. Die havelländischen Bauern hoffen, dass viele von ihnen, sehr viele, in dieser Woche auf den deutschen Straßen sind.

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