Manuskript

Stricken – nicht nur etwas für Omas

Pullover, Schals, Mützen – Stricken liegt im Trend. Längst haben auch Männer und Jüngere das Stricken für sich entdeckt. Online veröffentlichen sie Muster und Anleitungen, geben Tutorials und treffen sich auf Handarbeitsplattformen. Strickdesigner Stephen West hat sein Hobby sogar zum Beruf gemacht.

SPRECHER:
Dieser Mann sorgt dafür, dass Stricken und Gestricktes immer beliebter werden:
Stephen West, gebürtiger US-Amerikaner, 32 Jahre alt. Seine farbenfrohen Strickmuster begeistern vor allem Jüngere und Männer.

STEPHEN WEST (Strickdesigner):
Die Designs und Muster stammen alle von mir. Ich entwerfe und stricke jedes Muster und schreibe die Anleitung. Da steckt viel Leidenschaft drin, und ich mag es wirklich sehr, was ich mache. Besonders gerne arbeite ich mit ganz vielen Farben. Farbe inspiriert mich am meisten.

SPRECHER:
Auf Instagram hat der in Amsterdam lebende Strickdesigner rund 225.000 Follower. In seinen Online-Tutorials zeigt er, wie man seine bunten geometrischen Muster selbst stricken kann. Humor und Unterhaltung spielen in seinen Clips eine wichtige Rolle.

STEPHEN WEST:
Ich möchte noch viele weitere lustige Video-Tutorials drehen, sodass ganz viele Menschen Lust aufs Stricken bekommen. Und die Videos müssen auch nicht immer so technisch sein. Sie können auch spielerisch und modisch sein.

SPRECHER:
Seine Muster entwirft der gelernte Tänzer und Choreograph zunächst als Skizze. Dann übernehmen er und sein Team die Ausarbeitung. Mittlerweile genießt Stephen West Kultstatus und hat Fans auf der ganzen Welt. Regelmäßig veröffentlicht er Bücher mit seinen Strickanleitungen. Er hat eine eigene Wollmarke gegründet und ist Mitinhaber eines Wollgeschäfts in Amsterdam.

STEPHEN WEST:
Ich halte mich nicht gerne an die Regeln und stricke auch nicht nach den Regeln. Ich war nie auf einer Designschule oder so und habe mir das alles sehr spielerisch aufgebaut.

SPRECHER:
Der 13-jährige Berliner Konstantin Siebeck zählt zu den Fans von Stephen West. Das Stricken hat ihm seine Oma beigebracht. Ideen und Anregungen findet er online bei Ravelry. Das soziale Netzwerk hat sich auf Handarbeiten spezialisiert und weltweit rund 9 Millionen Mitglieder.

KONSTANTIN SIEBECK (strickt, seit er zehn Jahre alt ist):
Ich war einfach fasziniert, was man mit Stricken machen kann, weil ich dachte ja eigentlich, dass irgendwie Stricken was für Omas ist, aber so ist es eigentlich gar nicht.

SPRECHER:
Auch der 39-jährige Fabian Fiedler aus Berlin hat das Stricken für sich entdeckt. Der Pianist, der eine Musikschule betreibt, hat schon rund 100 Werke selbst gestrickt, darunter Pullover, Schals, Mützen, Socken und Decken.

FABIAN FIEDLER (Stricken ist sein Hobby):
Stricken ist für mich 'ne pure Leidenschaft, und ich stricke wahnsinnig gerne, weil ich dann mich abends nach 'nem langen Arbeitstag einfach aufs Sofa setzen kann, mach' mir den Kamin an und genieß' diesen Moment der Ruhe und kann meinenFokus auf eine Sache legen und alles andere drumrum vergessen und ausschalten.

SPRECHER:
Aber nicht nur Selbstgemachtes liegt im Trend: In den aktuellen Modekollektionen der Herren ist Strick in allen Variationen zu finden. Ob bunt gemustert, Oversize oder ganz schlicht – an Strickmode kommt man in dieser Saison nicht vorbei. Das kann auch Sascha Uetrecht bestätigen. Der Berliner führt seit vielen Jahren ein Wollgeschäft. Aber nicht nur das: Er organisiert regelmäßig Strickreisen und Strick-Events, wie zum Beispiel Strickkreuzfahrten. Aufgrund der Pandemie finden seine Veranstaltungen derzeit nur digital statt, wie sein wöchentliches Online-Strick-Meeting.

SASCHA UETRECHT (organisiert Strick-Events):
Anfangs hatte ich dann Facebook-Live-Shows gemacht, konnte aber nur einseitig agieren mit den Kunden. Und dann dachte ich: Ha, da gibt's ja auch noch Zoom und andere Plattformen. Aber auf Zoom habe ich dann halt wirklich gemerkt, ich kann interagieren, ich kann mit den Leuten sprechen, ich kann sie was fragen, sie können mir antworten, ich kann denen was zeigen, wir können was entwickeln, oder wir können einfach nur Spaß haben und schnacken dabei, ne?

SPRECHER:
Zurück nach Amsterdam zu Stephen West: Sein Geschäft im Herzen der niederländischen Hauptstadt ist bereits etabliert. Und an kreativen Ideen für die Zukunft mangelt es ihm nicht.

STEPHEN WEST:
Ich könnte mir eine eigene Talkshow im Fernsehen vorstellen, mit  vielen Tanzeinlagen. Wir könnten neue Techniken lernen und ein paar Tutorials zeigen. Ich könnte alle meine Freunde interviewen. Das wäre verrückt. Ich weiß nicht, ob die Welt dafür bereit ist.

SPRECHER:
Stricken – eine erfolgreiche Masche, die auf dem Weg ist, auch eine Männersache zu werden.

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