Manuskript

Terrorin Berlin: fünf Jahre danach

Am 19. Dezember 2016 fuhr ein LKW mit hoher Geschwindigkeit in einen Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz. 13 Menschen starben bei dem islamistischen Anschlag, über 60 wurden verletzt. 2021 findet dort wieder ein Weihnachtsmarkt statt, doch vergessen hat hier niemand, was geschehen ist. 
 

SPRECHERIN:
Lichterglanz und festliche Stimmung: Auf dem Berliner Breitscheidplatz ist von dem Schrecken des Terroranschlags vor fünf Jahren im ersten Moment nichts mehr zu spüren. Er wird diesen Tag niemals vergessen. Schausteller Max Müller kam knapp mit dem Leben davon, als der LKW in den Weihnachtsmarkt raste und seinen Stand komplett zerstörte.

MAX MÜLLER (Anschlagsopfer):
Ich war an meiner Arbeit und hab’ eigentlich nur ’n lautes Geräusch gehört. Das hat sich angehört, als ob ’n Müllcontainer abgerollt wird. Wenn die Müllcontainer hier getauscht werden, dann gibt es immer so ’n „Rrrrrrrrr“. Und dieses Geräusch war im Hintergrund. Und … ich hab’ mich umgedreht, hab’ den LKW gesehen, hab‘ gesehen, was passiert ist, und bin dann ziemlich schnell mit meiner Frau geflüchtet.

SPRECHERIN:
13 Menschen kamen bei dem islamistischen Anschlag ums Leben, mehr als 60 wurden verletzt – bis heute ein schweres Trauma für Deutschlands Hauptstadt und ihre Menschen. Max Müller hat trotzdem weiter einen Stand auf dem Markt. Zeigen will er ihn lieber nicht, weil er sich vor zu viel Öffentlichkeit schützen möchte. Arbeiten am Ort des Anschlags – wie kriegt er das hin?

MAX MÜLLER:
Ich würde behaupten, dass ich durch gute Aufarbeitung und auch gute Behandlung, die ich hatte, gelernt hab’, definitiv damit umzugehen. Und [es] ist natürlich etwas, was ja in der Erinnerung is‘ mein ganzes Leben. Und wenn meine Kinder mich mal fragen werden: „Papa, wie war denn das?“, dann werde ich sicherlich … kurz stottern, bevor ich ihnen erzählen kann, wie’s war.

SPRECHERIN:
Auch viele Besucherinnen und Besucher des Weihnachtsmarktes ringen mit ihren Gefühlen. Einerseits ist da die schöne Stimmung. Andererseits sind da aber auch Momente der Trauer, vor allem am Gedenkort für die Opfer des Anschlags.

ERSTE BESUCHERIN:
Ich hab‘ Gänsehaut. Da kann man nichts [da]zu sagen.

ZWEITE BESUCHERIN: 
Wenn man die Lichter sieht und die Würstchen riecht, dann möchte man einfach ... dann vergisst man mal kurz.

DRITTE BESUCHERIN:
Es ist furchtbar, aber man kann‘s auch nicht mehr ändern leider.

SPRECHERIN:
Kapitulieren vor dem Terror war für ihn keine Option, sagt Schausteller Max Müller. Ähnlich denken auch seine Kollegen hier auf dem Markt.

MAX MÜLLER:
Wenn, dann ist es noch einfach drin im Herzen, was man nicht vergisst. Aber … ich behaupte schon, dass die Betreiber und dass das Umfeld in gewissem Rahmen gesagt haben: „Okay, wir müssen weitermachen, wir müssen nach vorne blicken.“

SPRECHERIN:
Die Erinnerung an den Anschlag wird bleiben. Doch im Zentrum steht auf dem Breitscheidplatz heute wieder das Weihnachtsgefühl.