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Was ist richtig? (1)

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Manuskript

Die Weihnachtsgurke

Die Weihnachtsgurke ist eine typisch deutsche Tradition - das glauben zumindest viele
US-Amerikaner. Doch in Wirklichkeit hängt sich Deutschland kaum jemand eine Gurke
aus Glas in den Weihnachtsbaum. Vielleicht weiß man im Glasbläserort Lauscha in
Thüringen, wo der Brauch herkommt. Denn von dort soll die Weihnachtsgurke
angeblich stammen.

SPRECHERIN:
Ach ja – die Weihnachtsgurke. Diese altehrwürdige und heißgeliebte deutsche Tradition, von der ich schon so viel gehört habe. Aber jetzt bin ich im „KaDeWe“ in Berlin, Deutschlands größtem Kaufhaus, und kann keine einzige in den Weihnachtsbäumen entdecken.

REPORTERIN:
Wo sind die ganzen Gurken? Zum Glück hab' ich selbst eine dabei. Aber noch mal von vorn. Ich komme aus den USA. Und dort glauben viele Menschen, dass sich alle Deutschen eine Gurke in den Baum hängen.

SPRECHERIN:
Und viele US-Amerikaner pflegen diese angeblich deutsche Tradition.

REPORTERIN:
Die Person, die die Weihnachtsgurke zuerst am Baum entdeckt, bekommt ein Extra-Geschenk.

SPRECHERIN:
Aber ganz ehrlich: Seitdem ich in Deutschland lebe, habe ich hier noch keine einzige Weihnachtsgurke gesehen. Ich frage mal ein paar Deutsche, die ihre Weihnachtseinkäufe erledigen.

REPORTERIN:
Hängen Sie dieses Jahr eine Weihnachtsgurke auf [an] Ihren Weihnachtsbaum?

FRAU 1:
Ich glaube, das ist eine andere Tradition. Es ist keine deutsche Tradition.

MANN 1:
Bitte? Eine Weihnachtskette?

FRAU 2:
Gurke ist nicht mein Lieblingsgemüse.

MANN 1:
Weihnachtsglocke?

MANN 2:
Weihnachtsgurke? Nein.

MANN 1:
Ich weiß nicht, was eine Weihnachtsgurke ist.


WEIHNACHTSMANN:
Und was macht man damit?

SPRECHERIN:
Sogar dem Weihnachtsmann muss ich die Gurken-Tradition erklären! Tatsächlich haben 91 Prozent der Deutschen laut einer Umfrage noch nie davon gehört. Wenn das also gar keine deutsche Tradition ist, wo kommt sie dann her? Und wie ist sie in die USA gelangt? Ein kleiner Weihnachtszauber bringt mich in das Bergdorf Lauscha in Thüringen. Hier beginnt meine Spurensuche. Wenn sich irgendwo jemand mit dem Ursprung von Weihnachtsschmuck auskennt, dann in Lauscha. Seit 1597 gibt es hier Glasbläser, und seit der Mitte des 19. Jahrhunderts stellen sie Weihnachtsdekorationen her. Glasbläser Michael Haberland führt seinen Familienbetrieb in vierter Generation. Seine handgefertigten Artikel verkauft er weltweit – auch die Weihnachtsgurke. Von ihrer Existenz erfährt aber auch er erst auf einer Reise nach Kalifornien.

MICHAEL HABERLAND (Glasbläser):
„Wenn du Glasbläser bist: Machst du auch Gurken?“ Man denkt sich nichts dabei. Wenn das der Zweite fragt, dann denkt man: „Okay!“ Beim Dritten hab' ich gesagt: „What the hell with the Gurke?“ Dann wurde mir eben erzählt, in Deutschland ist es so, das ist Tradition und Sitte, da hängt sich jeder eine Gurke dran an den Baum. Weiß jeder Amerikaner, dass es so ist. Nur kein Deutscher.

SPRECHERIN:
Zurück zu Hause schaut er sich die alten Glasformen seines Großvaters aus den 1930er Jahren an.

MICHAEL HABERLAND:
Ich habe nach dieser Gurke direkt gesucht und [dann] wurde ich Gott sei Dank fündig. Und seitdem machen wir die Gurken hier.

SPRECHERIN:
Inzwischen verkauft er seine Gurken an Kunden in Japan, Norwegen, in der Schweiz und natürlich in den USA. Aber wenn auch er diese Tradition erst seit kurzem kennt, wo kommt sie dann her? Tatsächlich ranken sich einige Legenden um den Ursprung der Weihnachtsgurke. Eine stammt aus dem Amerikanischen Bürgerkrieg: Ein Gefängniswärter soll einem verhungernden deutschstämmigen Soldaten eine Gurke zu essen gegeben haben. Der Mann überlebte und hing danach jedes Jahr eine Gurke in seinen Baum. Andere sagen, es war der US-amerikanische Unternehmer Frank W. Woolworth, der ab 1880 deutschen Weihnachtsschmuck in die USA importierte. Vielleicht sollte ich den Mann fragen, der diese Weihnachtsstadt am besten kennt. Ich besuche Bürgermeister Norbert Zitzmann in der ELIAS-Farbglashütte; die älteste, die hier noch existiert, gegründet 1853.

REPORTERIN:
Herr Bürgermeister, kennen Sie die Tradition der Weihnachtsgurke? Kommt die aus Deutschland?

NORBERT ZITZMANN (Bürgermeister von Lauscha):
Weihnachtsgurke haben wir gedacht, was ist denn das? Und wir erfuhren, dass man in Übersee meint, dass diese Gurke aus Lauscha käme und ein ganz besonders wichtiger Weihnachtsartikel ist. Ich denke, irgendein geschickter Marketing-Mann hat das erfunden. Seit dieser Zeit werden in Lauscha tatsächlich Gurken hergestellt, weil viele Menschen meinen, das Typische, was aus Lauscha kommt, ist die Gurke.

SPRECHERIN:
Ich bin immer noch nicht schlauer, aber es gibt noch Hoffnung! Ich frage Gerd Ross. Bei seinen Recherchen für die Stadt über Glaswaren aus Lauscha ist er auch auf die Gurkentradition gestoßen.

REPORTERIN:
Was haben Sie darüber herausgefunden?

GERD ROSS:
Ich 'ein bisschen nachgeforscht und hab‘ rausgekriegt, dass es doch bei einigen Familien der Brauch war, ein bestimmtes Ornament im Baum zu finden, um dann das größte oder das erste Geschenk zu kriegen. Und daraus wurde dann die 'Christmas-Pickle', [die] Weihnachtsgurke gemacht.

REPORTERIN:
Tja, vielleicht werden wir nie erfahren, was es mit der Weihnachtsgurke wirklich auf sich hat. Auf jeden Fall ist sie eine lustige Erfindung –und eines Tages kennen sie vielleicht auch die Deutschen. Ich hab' da eine Idee.

Was ist ein anderes Wort für „Tradition“?
Welchen Schmuck kann man an einen Weihnachtsbaum hängen?

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