Hochwasser in der Stadt

Metropolen wie Bangkok und Berlin sind durch den Klimawandel immer häufiger von Hochwasser bedroht. Begrünte Dächer und andere Maßnahmen sollen dabei helfen, die Städte vor dem Ertrinken zu retten.

ALEX FACE (Graffiti-Künstler):
Das Wasser kam schleichend, wie ein Monster. Es wurde immer mehr und mehr. War überall.

SPRECHERIN:
Ob Bangkok oder Berlin, Hochwasser kennt keine Grenzen.

CARIN SIEKER (Ingenieurin Berliner Wasserbetriebe):
Man meint immer Berlin sei flach, aber wenn Starkregen kommt, kann eben auch eine Senke, die nur einen Meter tief ist, Wasserstände von 50 [bis] 60 cm nach sich ziehen. Und die können natürlich in Tiefgaragen reinrauschen, in Keller reinrauschen.

SPRECHERIN:
Bangkok: Thailands Hauptstadt ist vom Klimawandel besonders hart betroffen. Die Stadt liegt nur einen Meter über dem Meeresspiegel. Und der steigt jährlich um 5 mm. Forscher gehen davon aus, dass Bangkok bis 2050 unter Wasser stehen könnte. Graffiti-Künstler und Familienvater Alex Face fürchtet, seine Heimat zu verlieren.

ALEX FACE (Graffiti-Künstler):
Ich baue gerade mein Haus. Dafür gebe ich viel Geld aus. Ich denke immer, dass das alles eines Tages unter Wasser stehen könnte. Manche sagen sogar schon bald, in den nächsten zehn Jahren.

SPRECHERIN:
Einige Landstriche versinken schon jetzt. Der Tempel Samut Chin, 20 km südlich der Millionenmetropole:

ALEX FACE (Graffiti-Künstler):
Das Wasser hat in den letzten 30 Jahren immer mehr Land erobert. Deshalb mussten die Bewohner fliehen.

SPRECHERIN:
Abwassersysteme stoßen, wie hier in Berlin, an ihre Grenzen. Bei Starkregen kann die Kanalisation die gewaltigen Niederschlagsmengen nicht mehr aufnehmen und ableiten. Die Folge: Keller, tiefliegende Hauseingänge, U-Bahn-Schächte laufen voll. Ingenieurin Carin Sieker von den Berliner Wasserbetrieben setzt deshalb auf das sogenannte „dezentrale Regenwassermanagement“. Klassischerweise haben Städte ein Entwässerungssystem, ein Kanalsystem. Aber:

CARIN SIEKER (Ingenieurin Berliner Wasserbetriebe):
Wenn diese Extremregen-Ereignisse tatsächlich dann zunehmend kommen, kann die Kanalisation die Massen einfach nicht mehr ableiten und es kommt dann im Prinzip zu Abwasseraustritt aus der Kanalisation, aber auch oberflächlich zu Abflüssen in Größenordnungen, die sich dann in den Senken der Stadt sammeln.

SPRECHERIN:
Aus diesem Grund will Berlin zur „Schwammstadt“ werden. Denn das Prinzip des Schwamms behält Regenwasser vor Ort und:

CARIN SIEKER (Ingenieurin Berliner Wasserbetriebe):
[Es] zieht es in den Boden und tut damit Gutes für den Wasserhaushalt und das kommt mehreren Bereichen zugute: dem Stadtgrün, dem Stadtklima, aber eben auch dem Überflutungsthema.

SPRECHERIN:
Jedes neu gebaute Wohnquartier in Berlin wird seit 2017 nach diesem Schwamm-Prinzip gebaut. Vorreiter und Vorbild: diese Neubausiedlung im Südosten Berlins. Seit 2018 hat Berlin eine eigene Agentur, die sich mit Regenwasser befasst und bei Bauprojekten berät. Hanna Krüger erklärt, warum in dieser Siedlung kein Tropfen Regenwasser für immer in der Kanalisation verschwindet.

HANNA KRÜGER (Mitarbeiterin Berliner Regenwasseragentur):
Hier ist es total gut zu erkennen: Wir haben hier auf den Dächern eine extensive Dachbegrünung. Das heißt, da wird schon ganz viel Regenwasser zurückgehalten und wieder verdunstet.

SPRECHERIN:
Ganze 90 Prozent des Regenwassers kann so gespeichert werden und fließt über die Regenrinnen runter in extra dafür gebaute Versickerungsmulden. Außerdem gibt es auf dem Gelände bepflanzte Tiefbeete, entsiegelte Pflasterflächen und Sickermuldenzuläufe an Bordsteinen. Laut Regenwasseragentur wachsen derzeit aber nur auf etwa vier Prozent der Dächer Berlins Pflanzen. Der Umbau zur „Schwammstadt“ steht also noch ganz am Anfang. Auch Bangkok will mit Gründächern Überflutungen entgegensteuern. Die dienen, wie in Berlin, als Wasser-Zwischenspeicher und das Regenwasser kann als Ressource genutzt werden. Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die Natur zurück in eine Betonwüste zu bringen. Und die Bewohner möglicherweise doch vor zukünftigen Katastrophen zu schützen.

ALEX FACE (Graffiti-Künstler):
Ich glaube, wir können das schaffen. Dafür brauchen wir aber jeden. Hey, wacht auf und schaut, was passieren wird. Es liegt an uns, das zu verhindern.