Bauhaus-Klassiker neu interpretiert
1919 wurde die Bauhaus-Bewegung gegründet. Möbelbauer Christian Drescher stellt eine Neuauflage von Bauhaus-Entwürfen vor, die er in Zusammenarbeit mit jungen Designern zum hundertjährigen Jubiläum kreiert hat. Bis heute ist das Design von Bauhaus aktuell und inspiriert viele Kreative nicht nur im Bereich Möbeldesign.
SPRECHER:
Hier: der Direktorensessel von 1922/23. Da: die Neuinterpretation von 2018. Hier: der Tisch K10, Baujahr 1924. Und da: die Neuauflage, Baujahr 2018. „BauhausNowhaus“ – Möbelklassiker der Bauhaus-Bewegung im neuen Look, aufgelegt vom deutschen Möbelbauer Christian Drescher.
CHRISTIAN DRESCHER (Möbelproduzent):
Wir wollten eigentlich die Bauhaus-Originale nicht auf ein Podest heben und museal betrachten, wie sie jetzt im Museum auch oftmals stehen, sondern gerade das Gegenteil: Wir wollten sie vom Museumspodest wieder ins Leben holen. Das ist unser Ansatz, weil wir Möbel produzieren. Und so kam die Idee, offener damit umzugehen, mit jungen Gestaltern zusammenzuarbeiten und diese Bauhaus-Möbel in ein neues Licht zu rücken.
SPRECHER:
Mit dem Bauhaus kennt Christian Drescher sich aus: Sein Unternehmen baut seit mehr als vier Jahrzehnten Einrichtungsklassiker aus den 1920er-Jahren nach – bisher streng nach den Originalentwürfen. Im Mittelpunkt immer die Gestaltungsregel der Bauhaus-Schule: Form folgt der Funktion. Jedes Möbelstück ist alltagstauglich – aber nicht nur das.
CHRISTIAN DRESCHER:
Letzten Endes sind diese Möbel etwas mehr als normale Möbelstücke, nicht nur profane Sessel und Sofas, sondern wirklich Möbel, die einen Geist transportieren, auch irgendwo so ein bisschen das ausstrahlen.
SPRECHER:
In den hauseigenen Werkstätten von Tecta im kleinen Ort Lauenförde in Niedersachsen arbeiten Handwerker und Designer gemeinsam – eine Arbeitsweise, die so auch schon am Bauhaus von Gründer Walter Gropius praktiziert wurde.
CHRISTIAN DRESCHER:
Walter Gropius’ Grundidee, Kunst und Technik, Kunst und Handwerk wieder zu vereinen, war der Kern des Bauhaus-Geistes und der Denkschule des Bauhauses und ganz wichtig für die Resultate, die aus dieser Schule stammen.
SPRECHER:
Junge Gestalter haben für „BauhausNowhaus“ bekannte Klassiker neu interpretiert. Die Berliner Designerin Katrin Greiling hat sich den F51 vorgenommen, den Direktorensessel von Walter Gropius.
KATRIN GREILING (Möbeldesignerin):
Die Herausforderung war: Okay, wie viel oder wie wenig tu ich diesem Sessel an, dass ich quasi Walter Gropius noch gerecht werde, aber gleichzeitig, dass man auch erkennt, dass das eine Neuinterpretation von 2019 ist.
SPRECHER:
Mit neuen Oberflächen und Bezügen hat die Designerin insgesamt sechs verschiedene Versionen des Sessels geschaffen. Dass das Bauhaus heute noch zeitgemäß ist – für sie der Beweis, dass die Designer ihrer Zeit voraus waren.
KATRIN GREILING:
Ja, das ist irgendwie faszinierend, wenn man irgendwie sich so die Kollektionen anguckt vom Bauhaus vor 100 Jahren. Das waren ja alles Utopien, das waren ja alles schräge Ideen, die ja so an sich nie in der Gesellschaft angekommen sind. Das, was Marcel Breuer, Walter Gropius etc. damals gemacht haben, das sah man ja nie in einem normalen Zuhause.
SPRECHER:
Im Jubiläumsjahr der Bauhaus-Gründung inspirieren die Entwürfe auch andere Kreative: Die Berlinerin Jennifer Brachmann entwirft von der Designschule inspirierte Mode, der deutsch-kroatische Industriedesigner Konstantin Grcic Einrichtungsobjekte. Das Label „Neubau Eyewear“ aus Österreich hat dem Architekten Walter Gropius und dem Maler Wassily Kandinsky zwei Sonnenbrillen gewidmet. Möbelbauer Christian Drescher glaubt: Die Designklassiker sind mehr als wiederkehrende Modetrends.
CHRISTIAN DRESCHER:
Die Möbel sind natürlich zeitlos und die Dinge, die dort entstanden sind, und die Architektur. Aber was uns noch immer reizt und was wir noch als Ansporn sehen, ist der Geist dieser Denkschule.
SPRECHER:
Ob Bauhaus oder Nowhaus, für all diese Möbel gilt, ob Baujahr 1919 oder 2019: Sie verraten ihr wahres Alter erst auf den zweiten Blick.
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Manuskript
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