Wie Pflanzen auf Lärm reagieren
Obwohl Pflanzen anders als Tiere und Menschen keine Ohren haben, sind sie in der Lage, Lärm in ihrer Umgebung wahrzunehmen. Werden sie durch laute Geräusche gestört, hat das Folgen, die sich messen lassen. Pflanzen sind zudem von der Tierwelt um sie herum abhängig: Wenn Vögel und Insekten vor andauerndem Lärm fliehen, kann das manche Pflanze sogar aus dem Ökosystem verdrängen.
SPRECHERIN:
Wie wirken sich Geräusche und Lärm auf Pflanzen aus?
Seit Jahrzehnten wird es immer lauter auf der Welt. Unter steigenden Lärmpegeln und andauerndem Krach leiden nicht nur Menschen und Tiere, sondern auch Pflanzen. Die haben zwar keine Ohren, trotzdem können sie Schallwellen wahrnehmen. Pflanzen produzieren Botenstoffe. Damit leiten sie Sinnesreize über ein Geflecht aus Blattadern an ihre Organe weiter. Diese Fähigkeit der Pflanzen nutzt auch Insekten: Hummeln und Bienen erzeugen mit ihrem Flügelschlag Töne in ganz bestimmten Frequenzen, um die Ausschüttung von Pollen bei einigen Pflanzen zu stimulieren. Diese Nachtkerzenart reagiert auf Schwirrgeräusche. Schon wenige Minuten nachdem sie herumfliegende Bienen oder Falter wahrnimmt, steigt der Zuckergehalt in ihrem Nektar um bis zu 20 Prozent. Studien mit der Ackerschmalwand legen nahe, dass sie Geräusche und Töne nicht nur wahrnehmen kann, sondern vielleicht sogar unterscheiden.
Immer wenn die Pflanze den Fressfeind hörte, schüttete sie chemische Gifte aus, um sich zu schützen, während die Vibrationen von Wind diese Abwehrmechanismen nicht bei ihr auslösten. Geräusche können sogar die Aktivität von Genen verändern. Das haben Versuche gezeigt: Nach fünf Tagen Dauerlärm änderte sich bei der Ackerschmalwand die Aktivität gleich mehrerer Gene. Und die Leistung der Photosynthese nahm ab.
Lärm wirkt sich auch über die Tierwelt auf Pflanzen aus, indem er Vögel und bestäubende Insekten verscheucht. Welche nachhaltigen Folgen das hat, wurde in den USA über einen Zeitraum von 15 Jahren erforscht. Im Fokus: Vegetation in ruhigen Regionen, in Gebieten, aus denen die Lärmquellen wieder entfernt wurden, und in solchen, die schon vor Studienbeginn Dauerlärm durch Erdgasbohrung ausgesetzt waren. Der Vergleich der drei Regionen zeigte: Dauerlärm führt zu einer Abnahme der Vegetationsvielfalt. So war in lauten Gebieten eine bestimmte Kiefernart um 75 Prozent reduziert.
Wacholder braucht für die Fortpflanzung Eichelhäher, die seine Samen verbreiten. Doch die kehrten nicht zurück in Gebiete, aus denen der Krach verschwunden war. Statt Wacholder wachsen hier nun andere Arten. So wirkt der Lärm noch langfristig weiter.