Manuskript

Allein durch die Antarktis

Mit erst 29 Jahren war die Extremsportlerin Anja Blacha schon auf den höchsten
Bergen der Welt. Jetzt plant sie eine neue Expedition. Sie will allein durch das ewige Eis
bis zum Südpol laufen. Alles, was sie braucht, muss sie auf einem Schlitten hinter sich
herziehen. Anja Blacha weiß, wie gefährlich ihre Expeditionen sind. Aber sie will viel
erleben und ist deshalb bereit, die Risiken einzugehen.

ANJA BLACHA (Extrem-Bergsteigerin):
Man ist total auf den Moment fokussiert, man lebt im Hier und Jetzt. Man ist in faszinierenden Landschaften.

SPRECHER:
Anja Blacha zieht beim Training in Zürich alle Blicke auf sich. Die Reifen sollen einen schweren Schlitten im Schnee simulieren. Es ist das optimale Training für den Extremsport.

ANJA BLACHA:
Ich würd mich nicht als totale Sportskanone beschreiben, aber ich hab ’ne solide Grundfitness, und das ist das Wichtige bei Expeditionen, dass man über ’nen langen Zeitraum ’ne gewisse Leistung erbringen kann.

SPRECHER:
Im Flachland aufgewachsen, in den Bergen Rekordhalterin: Erst mit 25 kommt die Bielefelderin zum Bergsteigen. Innerhalb von drei Jahren bezwingt sie die „Seven Summits“, die jeweils höchsten Gipfel der Kontinente. Sie ist die jüngste Deutsche, die den Mount Everest bestiegen hat.

ANJA BLACHA:
Ich selber musste miterleben, wie jemand am Everest gestorben ist. Man überlegt sich aber eben auch: Wofür lebe ich und welche Risiken bin ich bereit, in meinem Leben einzugehen? Und für mich ist es das Risiko wert, dass ich … dass ich sterben kann.

SPRECHER:
In diesem Sommer bezwingt sie den zweithöchsten Gipfel der Welt, den K2, ohne Sauerstoffgerät. Als erste deutsche Frau – der nächste Rekord.

ANJA BLACHA:
Ich mag gerne immer wieder was Neues entdecken, erleben und immer ’n Stück weitergehen, als ich’s bisher gemacht habe, um … um zu schauen, was … was ich noch erleben kann.

SPRECHER:
Nun bereitet sich Anja Blacha auf ihr nächstes Abenteuer vor. Es ist vielleicht das Gewagteste: allein mit Skiern und Schlitten 60 Tage im ewigen Eis.

ANJA BLACHA:
Ich werde von der Küste der Antarktis über 1400 Kilometer bis zum Südpol gehen. Der Startpunkt ist auf Berkner Island und geht dann über das Eis auf die Kontinentalplatte, durch Gebirgszüge und dann auf das Polarplateau, bis man hinterher am Südpol selber angekommen ist, am geografischen.

SPRECHER:
Ihre Ausrüstung ist minimalistisch und praktisch. Da es unterwegs keine Versorgungspunkte gibt, muss Anja Blacha alles selbst mitnehmen. Akribisch hat die 29-Jährige ihre Verpflegung zusammengestellt.

ANJA BLACHA:
Das sind insgesamt 66 Kilo. Und die werde ich alle in Tagesrationen verpackt auf meinen Schlitten tun. Ganz viel Gefriergetrocknetes. Endlos viele Nüsse, [die] haben superviele Kalorien auf 100 Gramm – entsprechend gut – und auch ’nen hohen Fettgehalt. Viele Süßigkeiten. Butterpulver – einfach, um das Ganze noch fetter zu machen. Dann habe ich einiges an Proteinpulver dabei. Ich werd jeden Tag Sport machen, und die Muskeln haben praktisch keine Zeit für die Regeneration. Also ist es wichtig, dass ich denen möglichst ’ne gute Versorgung biete.

SPRECHER:
Noch nie ist eine Frau so weit allein durch die Antarktis gelaufen. Ihr einziger Kontakt zur Außenwelt: zwei Satellitentelefone. Geprobt hat sie ihren Trip in Grönland.

ANJA BLACHA:
Es sind mehrere Dinge, wovor ich Angst habe. Natürlich, dass ich in ’ne Gletscherspalte falle. Das wär ’n fatales Szenario. Zum anderen habe ich Angst davor, dass ein kritischer Ausrüstungsgegenstand mir zerbricht und unnutzbar wird. Und das Dritte: dass ich mich einfach überschätzt habe.

SPRECHER:
Ein letztes Training. Anja Blacha fühlt sich gut vorbereitet – auf die wohl größte Herausforderung ihres Lebens.