Aus dem Cockpit auf die Gleise
Sie bringen Fahrgäste sicher von A nach B: Das gilt für Piloten genauso wie für Lokführer. Warum also nicht den Beruf wechseln, wenn kaum Flugzeuge fliegen, fragen sich immer mehr Piloten.
Der internationale Flugverkehr ist am Boden. Von 65.000 Piloten in Europa werden etwa 18.000 ihren Job verlieren, so die Pilotengewerkschaft EPA. Wegen der Pandemie arbeiteten lange sogar nur 43 Prozent in ihrem Beruf. Die Züge dagegen fahren weiter. Doch es fehlen Lokführer, in Deutschland genauso wie in den Nachbarländern. Arbeitslose Piloten können diese Lücke füllen: Sie sind gut ausgebildet, belastbar, zuverlässig – passend zum Job-Profil eines Lokführers.
„Es gibt große Schnittmengen mit dem Beruf des Piloten“, findet Dennis Seidel, der gerade die zehn- bis zwölfmonatige Zusatzausbildung der Deutschen Bahn vom Piloten zum Lokführer macht. Auch Felician Baumann aus Hamburg hat den Beruf gewechselt: Eigentlich war er extra für eine Pilotenausbildung nach Wien gezogen, doch jetzt arbeitet er dort als Straßenbahnfahrer. „Der Auftrag liegt in beiden Berufen darin, eine ähnliche Anzahl von Gästen sicher von A nach B zu befördern“, meint er.
Und der Unterschied beim Gehalt? „Ich verdiene jetzt unwesentlich weniger als ich am Anfang in der Fliegerei bekommen hätte“, so Baumann. Doch das geht nicht allen so: Ein Lokführer der Deutschen Bahn bekommt höchstens 52.500 Euro im Jahr, ein Pilot bei der Lufthansa fängt gleich nach der Ausbildung schon mit 65.000 Euro an. Und in Hongkong verdient der Pilot Earnest Li nur noch 1.800 statt 18.000 Euro monatlich, seit er Busfahrer geworden ist.
Eine Neuorientierung ist also nicht unbedingt attraktiv. „Es gibt einige Fälle, aber noch keine Massenbewegung von Piloten in Richtung Gleise“, erklärt Janis Schmitt von der deutschen Pilotenvereinigung „Cockpit“. Schon vor der Pandemie war klar: „Grundsätzlich raten wir jedem, sich vor der Cockpit-Ausbildung einen Plan B zurechtzulegen.“ Dass das auch bedeuten kann, einen Zug, eine Straßenbahn oder einen Bus zu fahren, hat sich vor Corona wahrscheinlich kein Pilot vorstellen können.