Manuskript

Der Fall Özil

Mesut Özil hat 92 Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft gespielt. Jetzt ist der Fußballspieler mit türkischen Wurzeln zurückgetreten, weil er sich rassistisch behandelt fühlt.


„Deutschland ist ein weltoffenes Land“, sagte Regierungssprecherin Ulrike Demmer vor kurzem, „die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund eine Schlüsselaufgabe der Bundesregierung.“ Doch im Fall Özil scheint das nicht so richtig geklappt zu haben. Im Mai 2018 hatte der 29-jährige Spieler mit türkischen Wurzeln dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan kurz vor der Wahl in der Türkei ein Trikot geschenkt. Darauf stand: „Für meinen verehrten Präsidenten.“ Das Foto ging durch die deutsche Presse.

Der Aufschrei in Deutschland war groß, denn Erdogan wird hier als nicht demokratisch kritisiert. Viele Leute konnten nicht verstehen, dass ein deutscher Spieler sich mit ihm fotografieren ließ, deshalb kam es vor und während der Weltmeisterschaft zu großen Diskussionen. Einige Leute beleidigten Özil aber auch mit rassistischen Parolen. Er selbst schwieg lange, dann kritisierte er auf Twitter das Verhalten des DFB und dessen Präsidenten Reinhard Grindel: „In den Augen von Grindel und seinen Helfern bin ich Deutscher, wenn wir gewinnen, und ein Immigrant, wenn wir verlieren.“

Mesut Özil fühlt sich rassistisch behandelt. Seine Großeltern waren türkische Immigranten. er selbst wurde in Gelsenkirchen geboren. 2007 hatte er die türkische Staatsangehörigkeit abgegeben. Seit 2009 spielte er für Deutschland. Zuletzt war er für das WM-Aus der deutschen Nationalmannschaft mit verantwortlich gemacht worden. Dass Özil den DFB mit Rassismus in Verbindung bringt, wies Präsident Grindel zurück, entschuldigte sich aber auch, Özil nicht vor rassistischen Parolen geschützt zu haben.

Der Zentralrat der Muslime sieht im Fall Özil eine „tiefe gesellschaftliche Wunde“: „Es geht um Rassismus in der Gesellschaft und damit offen umzugehen und so eine Chance zu geben, diesen auch zu bekämpfen.“ Der Politiker Frank Steffel sieht die Verantwortung für Özils Rücktritt klar beim DFB. „Insgesamt entsteht ein schwerer Schaden für den deutschen Fußball“, so Steffel. Für ihn ist klar: „Sportlich bleibt Mesut Özil immer ein Teil unserer Weltmeistermannschaft von 2014.“