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Flucht aus Afghanistan: Ein Schleuser berichtet

Für viele Afghaninnen und Afghanen gibt es keine legalen Fluchtwege. Sie versuchen, mithilfe von Schleusern über die Grenze und in Sicherheit zu gelangen – ein Geschäft, das es in der Region schon seit Jahrzehnten gibt.

„Bruder, es gibt Menschenschmuggel, seitdem das erste Mal Grenzen gezogen wurden“, sagt Baver, der als Schleuser an der türkisch-iranischen Grenze arbeitet. Er bringt Geflüchtete in die „sichere Zone“, die osttürkische Stadt Van. „Tausende habe ich bereits über die Grenze gebracht“, erzählt er.

Genaue Orte nennt er nicht, denn damit würde er das gesamte Schleusernetzwerk in Gefahr bringen. Es reicht von Afghanistan über Pakistan, den Iran und die Türkei bis nach Europa. Die Kommunikation läuft über Dienste wie WhatsApp oder Telegram, die die Polizei schwer überwachen kann. Bezahlt wird via „Hawala“ – einem informellen System, bei dem Geld über Vertrauenspersonen transferiert wird, ohne dabei Bankkonten zu nutzen. 1500 Euro kostet die Flucht von Afghanistan nach Istanbul. Der Preis ist gestiegen, vor allem, weil die türkische Grenze seit dem Sieg der Taliban in Afghanistan stärker kontrolliert wird.

Der Weg aus Afghanistan ist lang und beschwerlich. Die Geflüchteten werden zunächst in Gruppen zur pakistanischen Grenze gebracht, über die sie ein lokaler Schleuser begleitet. Dann geht es mit anderen Schleusern bis zur iranischen Grenze. Von Teheran aus gelangen sie mit Bussen in den Westen des Iran, wo lokale Schleuser gute Beziehungen zur iranischen Grenzpolizei haben. Schließlich wandern die Geflüchteten eine ganze Nacht hindurch, bis sie meist am frühen Morgen die türkische Grenze überquert haben.

Wie viel Baver mit seinem Job verdient, verrät er nicht. Doch er kann nicht verstehen, warum sein Job kriminalisiert wird. Er ist überzeugt, dass Schleuser Menschen helfen, die in Lebensgefahr sind. „Wir machen nichts falsch. Wir schmuggeln keine Drogen oder Waffen“, sagt er.

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