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HIV und Aids: Die Vorurteile werden wieder mehr

Früher galt eine HIV-Infektion als Todesurteil. Mittlerweile können Menschen mit HIV oder Aids ein fast normales Leben führen. Doch ihre gesellschaftliche Situation hat sich wieder verschlechtert.

Gerhard Malcherek ist 71 und lebt seit fast 40 Jahren mit dem HI-Virus. Er erinnert sich an die 1980er-Jahre: „‚Sie haben HIV‘ hieß: Sie haben noch ein halbes Jahr zu leben.“ Besonders beim ungeschützten Geschlechtsverkehr haben sich damals viele Menschen mit dem HI-Virus angesteckt. Viele von ihnen sind später an Aids erkrankt und – wie auch Freunde und Bekannte von Malcherek – daran gestorben.

Mittlerweile sind HIV und Aids bei vielen Menschen fast in Vergessenheit geraten. Sehr wirksame Medikamente reduzieren heute die Gefahr einer Ansteckung. Wenn mit HIV infizierte Menschen früh genug eine Therapie beginnen, erkranken sie nicht an Aids und können das Virus auch nicht an andere weitergeben. Während die gesundheitliche Situation der Betroffenen also besser geworden ist, hat sich ihre gesellschaftliche Situation in letzter Zeit eher wieder verschlechtert. 

„Die Stigmatisierung nimmt heute leider wieder zu“, stellt Aids-Experte Norbert Brockmeyer fest. Bei einer Untersuchung gaben 95 Prozent der Betroffenen an, dass sie innerhalb des letzten Jahres wegen ihrer Krankheit diskriminiert wurden. In verschiedenen Umfragen sagen manche Menschen zum Beispiel, dass sie lieber keine Sportgeräte oder Geschirr mit HIV-Positiven teilen. Eine infizierte Person zu küssen, kann sich die Hälfte der Befragten nicht vorstellen.

Diese Stigmatisierung kann für Betroffene schwerwiegende Folgen haben. Viele bekommen psychische Probleme oder entwickeln ein negatives Bild von sich selbst. Auch Gerhard Malcherek hat schlechte Erfahrungen mit seiner HIV-Infektion gemacht. Beispielsweise bei der Terminvergabe beim Zahnarzt. Dort sagte man ihm, dass er als HIV-Positiver nur abends einen Termin bekommen kann – als letzter Patient des Tages. „Das finde ich sehr menschenverachtend“, sagt Malcherek.

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