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Kolonialismus in afrikanischen Schulbüchern

Bis heute erzählen einige afrikanische Schulbücher afrikanische Geschichte aus kolonialer Perspektive. Historikerinnen und Historiker kritisieren das und fordern neue Ansätze für den Geschichtsunterricht.

Der drittlängste Fluss in Afrika ist der Niger. Doch wer hat ihn eigentlich entdeckt? In einem nigerianischen Geschichtsbuch liest man: Es war der schottische Entdecker Mungo Park im Jahr 1796. So hat das auch die Historikerin Faith Odele in ihrer Schulzeit in den 1990er-Jahren gelernt. „Doch ich habe angefangen, mich zu wundern“, sagt die Nigerianerin. „Gab es den Fluss nicht schon, bevor Mungo Park hierherkam? Gab es keine Menschen, die im Fluss fischten? Warum bringen Nigerianer ihren Kindern bei, dass Mungo Park den Niger entdeckt hat?“

Auch die botsuanische Schriftstellerin Siyanda Mohutsiwa hat im Geschichtsunterricht nur wenig über die Perspektive ihrer Landsleute erfahren: So lernte sie zwar, dass sich europäische Länder Ende des 19. Jahrhunderts um Gebiete in Afrika stritten – aber zum Beispiel aus Sicht der Deutschen oder Briten. Sie erzählt: „Also saß ich da und dachte mir: Hoffentlich bekommt Deutschland das, was es möchte.“

Odele sagt, dass es in ihrem Land eine ganze Generation von Menschen gibt, die die Geschichte des Kolonialismus nicht kennt. Hinter diesem Mangel an Aufklärung sieht sie in Nigeria auch eine politische Absicht. Odele sagt, dass die Regierung nicht will, dass die Menschen etwas über Unruhen und Proteste während des Kolonialismus erfahren. Denn dann könnten sie aus diesem Wissen heraus Forderungen stellen.

Doch es gibt auch Ansätze für eine andere Geschichtsdidaktik: Im kenianischen Schulunterricht sollen afrikanische Perspektiven künftig stärker gefördert werden. In Südafrika ist geplant, einen neuen Geschichtslehrplan einzuführen. Und in Botsuana unterrichten immer mehr Lehrkräfte, die aus dem Land kommen und lokal ausgebildet wurden. „Die Dinge ändern sich langsam“, sagt Mohutsiwa.

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