Manuskript

Macron: der alte und neue Präsident Frankreichs

Zum zweiten Mal hat Emmanuel Macron die französische Präsidentschaftswahl gegen Marine Le Pen gewonnen. Doch seine rechtsextreme Herausforderin hat mehr Stimmen bekommen als bei der letzten Wahl 2017.

Bis zum Schluss blieb es spannend: Emmanuel Macron von der gemäßigten Partei „La République en marche“ ist am 24. April 2022 in einer Stichwahl zum französischen Präsidenten wiedergewählt worden. Seine Herausforderin Marine Le Pen von der rechtsextremen Partei „Rassemblement National“ hat die Wahl zwar verloren, erhielt aber über 40 Prozent der Stimmen – mehr als noch 2017. Schon damals waren die beiden Politiker in der Stichwahl gegeneinander angetreten.

Dem alten und neuen Präsidenten ist klar, dass er im Wahlkampf nicht wirklich überzeugt hat, sondern für viele das kleinere Übel war. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses sagte er: „Ich weiß, dass viele unserer Mitbürger heute mich gewählt haben, um die Ideen der Rechtsextremen zu verhindern, und nicht, um meine Ideen zu unterstützen.“

Macron gilt als liberal und als überzeugter Europäer. Vor fünf Jahren hat er sein Amt mit dem Ziel übernommen, die französische Verwaltung zu reformieren und das Land wirtschaftsfreundlicher zu machen. Massive Streiks verhinderten jedoch viele dieser Pläne. Die Proteste der „Gelbwesten“, die sich zunächst eigentlich gegen eine Dieselsteuer richteten, wurden immer mehr zu einem Kampf gegen Macron selbst.

Viele Franzosen stört nämlich nicht nur die Politik ihres Präsidenten, sondern auch sein Charakter, so Pierre Rosanvallon. Laut dem Historiker gilt Macron als distanziert und abgehoben: „Er stellt etwas dar, das tiefe Ablehnung verursacht.“ Dies könnte in seiner zweiten Amtszeit noch für viele Probleme sorgen, denn Macron muss sich um ein tief gespaltenes Land kümmern. Und schon im Juni 2022 wird in Frankreich das Parlament gewählt – für die Rechtsextremen eine neue Chance auf mehr politischen Einfluss.