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Mediziner als Verbrecher im Nationalsozialismus

Die Nationalsozialisten begingen medizinische Verbrechen und begründeten dies mit der Rassenlehre. Daran waren Mediziner und Gesundheitsexperten aktiv beteiligt. Diese Vergangenheit hat auch Folgen für die Medizin heute.


„Es ist oft überraschend, wie begrenzt das Wissen über die medizinischen Verbrechen der Nazis in der medizinischen Gemeinschaft heute ist“, sagt Herwig Czech von der Medizinischen Universität Wien. Aus diesem Grund haben sich Czech und andere Forschende mit der Medizin im Nationalsozialismus und ihren Folgen für die Gegenwart beschäftigt. Nun liegt das Ergebnis ihrer Arbeit vor.

Der Bericht zeigt deutlich, dass die medizinischen Verbrechen im Nationalsozialismus nicht nur von Einzelnen begangen wurden. Mediziner und Gesundheitsexperten waren aktiv an der Sterilisierung von mehr als 350.000 Menschen beteiligt, die nach den nationalsozialistischen Rassengesetzen als „genetisch minderwertig“ eingestuft worden waren. Sehr viele starben an den Folgen.

Außerdem wurden bis 1945 mindestens 230.000 Menschen mit Behinderungen in Deutschland und den besetzten Gebieten ermordet. Zehntausende wurden zu medizinischen Versuchsobjekten. Die Nationalsozialisten rechtfertigten diese Verbrechen mit ihrer Rassenlehre. Sie wollten nach ihrem Verständnis „unwertes Leben“ durch Zwangssterilisierung oder Ermordung vernichten.

Nach dem Krieg wurden viele Täter für ihre Verbrechen im Nationalsozialismus nicht bestraft. Bis heute wird laut dem Bericht das medizinische Wissen, das aus der NS-Zeit stammt, oft unkritisch weiterbenutzt. Shmuel Pinchas Reis von der Hebrew University of Jerusalem sagt: „Medizinstudierende, Forscher und praktizierende Gesundheitsfachkräfte sollten wissen, wo – und von wem – die Grundlagen des medizinischen Wissens stammen; das sind sie den Opfern des Nationalsozialismus schuldig.“

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