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Meine Heimat, deine Heimat

Heimat – ein typisch deutscher Begriff, der sehr unterschiedlich interpretiert wird. Aber ist er überhaupt noch zeitgemäß? Diese Frage haben jetzt deutsche Autoren mit Migrationshintergrund auf einem Festival diskutiert.

#irgendwasmitheimat – so lautet das Motto des Literatürkfestivals, eines türkisch-deutschen, internationalen Literaturfests, das im November 2019 in Essen und im ganzen Ruhrgebiet stattfindet. Heimat – was ist das eigentlich? Ein realer Ort? Ein Gefühl? Die Autoren des Buches „Eure Heimat ist unser Albtraum“ diskutierten auf dem Festival darüber, was für sie Heimat bedeutet. Sie selbst haben einen Migrationshintergrund und leben in erster, zweiter oder dritter Generation in Deutschland.

Die Autoren haben alle ihre persönlichen, oft schmerzhaften Erfahrungen mit dem Begriff gemacht. Denn häufig hat Heimat auch mit Abgrenzung zu tun. Oft wurde ihnen zu verstehen gegeben, dass sie nicht dazugehören, dass sie „anders“ sind – zum Beispiel durch die Frage „Woher kommst du?“ Die schwarze Autorin Sharon Dodua Otoo spricht offen mit ihren Kindern über ihre Erfahrungen der Ausgrenzung. Ihr Sohn hat dadurch seine eigene Definition für „Heimat“ gefunden: „Mein Zuhause ist ein Ort, für den ich gekämpft habe. […] Diesen Kampf zu führen, ist Teil meiner Heimat geworden.“

Die Tatsache, dass die Frage nach der Herkunft überhaupt noch gestellt wird, zeigt ein gesellschaftliches Problem: In Deutschland hängt es immer noch vom Aussehen ab, ob man „dazugehört“ oder nicht. Rechtspopulisten haben diesen Zusammenhang in den letzten Jahren noch verstärkt. Sie haben dafür gesorgt, dass der Begriff Heimat immer öfter als Mittel der Abgrenzung interpretiert wird.

Der Politikwissenschaftler Max Czollek spricht sich daher in seinem Buch „Desintegriert euch!“ gegen den Heimatbegriff aus. Er setzt sich für eine Gesellschaft ein, in der man ohne Angst verschieden sein kann. Dass der Heimatbegriff nun in der Politik wieder verstärkt verwendet wird, findet er nicht nur nicht zeitgemäß, sondern gefährlich: „Die Realität ist eine ausschließende, und das macht diesen politischen Heimatbegriff so toxisch.“

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