Nürnberger Lebkuchen – ein Rezept mit Tradition
Nürnberger Lebkuchen sind weltberühmt und gehören für viele Menschen zu Weihnachten einfach dazu. Früher wurden sie nach geheimen Rezepten in den Klöstern gebacken. Seitdem sind sie eng mit der Geschichte der Stadt verbunden. Ein Nürnberger Lebkuchenbäcker erklärt, was das Besondere an einem guten Lebkuchen ist.
SPRECHER:
Ob glasiert, mit Schokoguss oder pur: Lebkuchen gehören in Deutschland zu Weihnachten wie Tannenduft und Kerzenschein. Das traditionelle Zentrum dieser Köstlichkeit ist Nürnberg, die zweitgrößte Stadt Bayerns. Seit Jahrhunderten wird hier Lebkuchen hergestellt. Er gehört längst zum kulinarischen Erbe der Stadt.
CLAUDIA MÜHLBECK (Nürnbergerin):
Nürnberg und Lebkuchen ist für uns eins. Also, Lebkuchen sind Nürnberger Lebkuchen.
TIEMO BÜCKMANN (Nürnberger):
Ja, der Lebkuchen hier ist natürlich schon ein Teil auch der Stadt für mich und auch ein Teil des Weihnachtsgefühls hier. Und ist auch tatsächlich hier leckerer als woanders.
ROLF SCHÖNTHIER (Nürnberger):
Mmh, schmeckt gut!
SPRECHER:
Ingrid Petermann ist Touristenführerin und schlüpft gerne in die alte Tracht einer Lebküchnerin. In der Nürnberger Altstadt boten diese vor Jahrhunderten ihre Ware an. Doch wieso wurde ausgerechnet Nürnberg zur deutschen Lebkuchenhauptstadt?
INGRID PETERMANN (Touristenführerin):
Nürnberg war im Mittelpunkt von Europa gelegen. Vier Handelsstraßen gabʼs. Eine kam von Venedig, deshalb hier: Sieht aus wie die Rialtobrücke, in Nürnberg ist es die Fleischbrücke, zu Ehren von Venedig gebaut. Die Gewürze aus Nordafrika, aus Zypern kamen über diese Handelsroute nach Nürnberg. Und so waren die Gewürze in der Stadt. Sieben davon hat man in den Lebkuchen verbacken.
SPRECHER:
Am Anfang wurde der Lebkuchen in Klöstern unter Ausschluss der Öffentlichkeit gebacken – nach streng geheim gehaltenem Rezept.
INGRID PETERMANN:
Durch den Übergang vom Katholizismus zum Protestantismus in Nürnberg als erste deutsche Stadt bereits 1525 hat man nach und nach die Klöster aufgelassen und hat sie weltlichen Zwecken zugeführt. Natürlich gabʼs dann auch keine Mönche und Nonnen mehr, die Lebkuchen gebacken hätten. Und so haben sich die Geheimnisse bewahrt, und es hat sich nach und nach mit Irrungen und Wirrungen der Beruf des kommerziellen Lebküchners herausgebildet. 1643 wurde der erste erwähnt.
SPRECHER:
Damals wurde die Zunft der Lebküchner gegründet. Das Backhandwerk hat sich bis heute gehalten. Markus Döllner ist Obermeister der Bäckerinnung Nürnberg. Den Betrieb hat er von seinen Eltern übernommen. Er backt heute in fünfter Generation. Die Basis des Lebkuchens ist immer gleich.
MARKUS DÖLLNER (Lebküchner und Obermeister der Bäckerinnung):
Einen guten Lebkuchen macht aus, dass mindestens 25 Prozent Mandelnüsse oder Walnüsse drin sind. Und es dürfen höchstens 10 Prozent Mehlerzeugnisse in der Masse sein.
SPRECHER:
Ansonsten hat jeder Lebküchner seine ganz eigene geheime Mischung. Zwar haben sich im Laufe der Zeit industriell hergestellte Lebkuchen immer mehr durchgesetzt. Die Kleinbetriebe jedoch, die noch handwerklich arbeiten, liefern ganz frische Qualität.
MARKUS DÖLLNER:
Wenn der fertig ist, dann bricht man ihn. Dann kann man sich die Struktur anschauen und sieht man gleich, okay, hier bei mir in den Lebkuchen ist alles ziemlich grob – also gewollt. Wir nehmen grobe Haselnüsse. Es gibt Kollegen, die machen das auch viel feiner. Das sind dann die Unterschiede in Nürnberg von den einzelnen Rezepturen. Kann man auch mal dran riechen – nimmt dann die Gewürze, fruchtige, Schokolade, Aroma, die Gewürzaromen alles auf. Und dann kann man natürlich auch mal dann letztendlich, zu guter Letzt, muss man ja das schmecken.
SPRECHER:
Bereits im September geht es hier los mit dem Lebkuchenbacken. Im Dezember gehen bei Bäcker Döllner täglich gut 800 Stück über die Theke. In ganz Nürnberg werden pro Jahr etwa 20 Millionen Lebkuchen hergestellt. Zahlreiche werden exportiert, hauptsächlich in die USA und nach Asien.
MARKUS DÖLLNER:
Ich bin stolz auf die Tradition oder Teil der Tradition in Nürnberg zu sein. Und auch macht mich stolz, dass ein altes, überliefertes Familienrezept heute noch so guten Anklang bei den Kunden findet.
SPRECHER:
In diesem Jahr muss der weltbekannte Nürnberger Christkindlesmarkt coronabedingt ausfallen. Einzelne Lebkuchenstände in der Altstadt sorgen trotzdem für Weihnachtsstimmung. Die Nürnberger Lebkuchen – eine süße Tradition, die wohl auch die nächsten Jahrhunderte erhalten bleibt.