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Polizeisoftware vor Gericht

Das Programm „Hessendata“, mit dem die Polizei Verbrechen aufklären will, sorgt für Streit. Kritiker fürchten, dass mit der Software Grundrechte verletzt werden. Nun kommt der Fall vor das Bundesverfassungsgericht.


Was darf die Polizei alles tun, um Verbrechen zu verhindern oder aufzuklären? Mit dem Programm „Hessendata“ können große Informationsmengen zusammengebracht und analysiert werden – zum Beispiel aus Polizeidatenbanken, sozialen Medien oder Überwachungskameras. Auf diese Weise lassen sich Zusammenhänge zwischen Personen, Organisationen oder Straftaten erkennen. Eine Gruppe von Kritikern sieht durch das Einsetzen der Software die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern verletzt und hat deshalb beim Bundesverfassungsgericht geklagt.

Mehrere deutsche Bundesländer verwenden „Hessendata“ bereits, zum Beispiel bei Ermittlungen gegen Kindesmissbrauch oder bei Terrorismusverdacht. Doch die Kläger fürchten, dass das Programm Persönlichkeitsprofile von Unschuldigen erstellt. Außerdem könnte die künstliche Intelligenz des Programms zu Racial Profiling führen, also dazu, dass Menschen nur wegen ihres Aussehens verdächtigt werden. Dies wurde der Polizei in Deutschland immer wieder vorgeworfen.

Ein weiterer Kritikpunkt: Das Programm verdächtigt Menschen schon vor einer Straftat. Damit werden Verbrechen nicht mehr aufgeklärt, sondern vorhergesagt. Für den Soziologen Simon Egbert stellt das ein Problem dar. Eigentlich braucht die Polizei einen Grund, um die Privatsphäre von Personen zu verletzen. „Hessendata“ aber „funktioniert genau andersherum“, so Egbert. „Es kann sich eigentlich nur hinterher zeigen: ‚War das eigentlich gerechtfertigt, was wir gemacht haben, oder nicht?‘“

Hessens Innenminister Peter Beuth ist anderer Meinung: Für ihn verbindet „Hessendata“ nur Daten, die man sowieso schon hat. „Nur wenn wir alle Puzzleteile einer Gefahr zusammenbringen, wird die Gefahr erkennbar“, so Beuth. Nun muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob die Nutzung des Programms Grundrechte verletzt. Ein Urteil wird es wahrscheinlich im Frühjahr oder Sommer 2023 geben.

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