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Manuskript

Die Druckbranche im Wandel

Früher war es eine mühsame Handarbeit der Schriftsetzer, heute müssen nur wenige Knöpfe bedient werden, um Druckerzeugnisse herzustellen. Dem Wandel stellte sich auch eine traditionsreiche Lüneburger Druckerei.

Mit dem Druck von Bibeln fing es bei der von Stern’sche Druckerei im norddeutschen Lüneburg im Jahr 1614 an. Es folgten Gesangbücher, später Schulbücher und ab 1810 die erste Zeitung. Heute deckt die Druckerei das komplette Spektrum ab: Bücher, Broschüren mit Informationen zu bestimmten Themen, die örtliche Tageszeitung sowie diverse Wochen- und Anzeigenblätter und das Lüneburger Adress- und Telefonbuch. Tradition verpflichtet. Das weiß auch Unternehmenschef Christian von Stern, der mit Blick auf die lange Tradition stolz erzählt:

„Das Stampfen der Rotationsmaschine war immer im Rücken des jeweiligen Firmenchefs. Als ich damals begann, Verantwortung zu übernehmen, da waren es dann ja auch schon 380 Jahre. Das spüren Sie schon. Ich gehöre jetzt der 14. Generation an. Und ich möchte auch nicht irgendwie derjenige sein, der dafür verantwortlich ist, dass der Lebensfaden durchtrennt wird. Mir war auch klar, natürlich im Zuge meines Aufwachsens, meiner beruflichen Prägung, dass ich aus dieser Nummer nicht werde herauskommen können, es sei denn, ich stemme mich mit aller Gewalt dagegen. Aber das wollte ich auch nicht.“

Schon als Sechsjähriger begleitete Christian von Stern den Vater in die Firma. Er wuchs mit der Druckerei und dem Geräusch von Druckmaschinen wie der Rotationsmaschine auf, er hatte sie im übertragenen Sinn im Rücken. Rotationsmaschinen werden auch heute noch hauptsächlich zum Druck von Zeitungen eingesetzt. Sie heißen so, weil zwei Zylinder rotieren, in gegenläufiger Bewegung Druckformen gegeneinanderdrücken. Christian von Stern selbst wurde kein Drucker, sondern studierte Wirtschafts- und Kommunikationswissenschaften. Im Wissen um die sehr lange Tradition des Familienunternehmens und die Prägung, den Einfluss, durch den Beruf des Vaters, war ihm aber klar, dass er aus dieser Nummer nicht herauskommen würde. Er konnte es nicht ändern, die Firma weiterzuführen, es war eine Art Verpflichtung. Er hätte sich sonst mit aller Gewalt dagegen gestemmt, hätte alles getan, dass es nicht dazu kommt. Nur in diesem Fall, das wusste Christian von Stern auch, wäre er vielleicht für das Ende der Firma verantwortlich gewesen, der Lebensfaden wäre durchtrennt worden. Er stellte sich der Verantwortung – und den Veränderungen in der Druckbranche. Denn die Nachfrage nach traditionell hergestellten Druckerzeugnissen ist stark gesunken. Um dem entgegenzuwirken, muss viel Überzeugungsarbeit geleistet werde, weiß Geschäftsführer Andreas Jörß:

„Da sind wir sicherlich bei einem Kernthema der Druckbranche: Kunden zu finden, die heute auch noch sagen, das sogenannte – in Anführungszeichen – ‚hölzerne Medium‘ ist immer noch das richtige Medium. Das heißt, unsere Aufgabe besteht darin, Kunden zu finden, die in dem gedruckten Produkt ihre Botschaften am besten dargestellt sehen – gegenüber beispielsweise den konkurrierenden elektronischen Medien.“

Das Kernthema, das, womit sich die traditionelle Druckbranche, das „hölzerne Medium“, derzeit am meisten beschäftigen muss, ist die sinkende Nachfrage. Die saloppe Bezeichnung „hölzernes Medium“ stammt aus der Zeit um 1390, dem Beginn der Papierproduktion in Europa. Damals ritzte man mühsam Grafiken und Texte in eine Holzplatte und druckte diese dann. Der Umbruch in der Druckbranche kam durch die elektronischen Medien mit ihrer digital zu speichernden Schrift. Diese Medien sind schneller, weniger personalintensiv und auch das Ausdrucken – beispielsweise am heimischen Drucker – ist leicht und kostengünstig. Vieles geht mit einem einzigen Knopfdruck. Sich von den elektronischen Medien bewusst abzusetzen, mit Qualität zu überzeugen und jeden Kunden eingehend zu beraten, das sind Methoden, mit denen sich die von Stern’sche Druckerei als weltweit älteste Druckerei in Familienbesitz am Markt behaupten kann. Und dafür – so Geschäftsführer Andreas Jörß – muss dann auch mal die eine oder andere teure Maschine angeschafft werden:

„Hier sehen wir im Unterschied zur Rotationsmaschine eben eine Bogendruckmaschine. Sie sehen ganz andere Dimensionen, wesentlich kleiner, aber nicht minder modern. Diese Maschine – Listenpreis heutzutage zwischen 2,5 und drei Millionen Euro je nach Ausstattung. Das ist eine sogenannte Fünf-Farbenmaschine mit Lack im Format DIN A1 oder 70 mal 100.“

Die Bogendruckmaschine ist eine Maschine, in der Papierbögen mit mehreren Farben gleichzeitig bedruckt und anschließend dann in einer Lackierstation mit Lack beschichtet werden. Bedruckt werden können hier auch sehr große Papierbögen im Format DIN A1, das entspricht einer genormten Größe von etwa 70 mal 100 Zentimetern. Im Gegensatz zur Rotationsmaschine ist die Auflage deutlich kleiner, die Maschine aber nicht weniger, minder, modern. Ihr Listenpreis, also der Preis inklusive der Mehrwertsteuer, liegt im einstelligen Millionenbereich. Heutzutage kommen Bilder und Texte per Datentransfer in den Betrieb. Fehler in der Rechtschreibung und in der Grammatik sind Sache des Kunden. Im nichtelektronischen Zeitalter sah das anders aus. Da war die Druckerei, die den Text mühsam per Hand mit Bleilettern setzte, verantwortlich, wenn etwas mal nicht stimmte. Mehr als 400 Jahre ist die von Stern’sche Druckerei schon alt. Christian von Stern weiß, unter welchen Druck man durch diese Familientradition gesetzt wird, stellt aber dennoch fest:

„Wir haben drei Kinder, meine Frau und ich. Ich sehe keine Zwangsläufigkeit, dass eins meiner Kinder hier zwingend meine Nachfolge antreten muss.“

Christian von Stern möchte nicht, dass sich seine Kinder automatisch, weil es nicht anders möglich ist – aus einer Zwangsläufigkeit heraus – dafür entscheiden, die Familientradition weiterzuführen. Keines seiner Kinder soll gezwungen werden, seine Nachfolge anzutreten. Es soll deren eigener Wunsch sein – wie bei ihm selbst.

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