„Work and Travel“ – Geld verdienen und Reisen im Ausland
Für junge Erwachsene ist es eine Option, ihr Traumreiseland kennenzulernen und gleichzeitig Geld zur Finanzierung des Aufenthalts zu verdienen: Work and Travel. Bei Deutschen beliebt sind Australien und Neuseeland.
Die Schulzeit ist beendet, man will reisen, neue Länder und Kulturen kennenlernen, seine Sprachkenntnisse erweitern, hat in der Regel aber nicht viel Geld. Was tun? Eine Möglichkeit ist, in eines seiner Traumländer zu reisen, sich dort einen Gelegenheitsjob zu suchen, mit dem der Aufenthalt und Reisen im Land finanziert werden kann. Bekannt ist diese Option unter seinem englischen Begriff: „Work and Travel“.
Erforderlich ist dafür vor allem ein „Working Holiday Visum“, eine Arbeitserlaubnis. Zu den Voraussetzungen gehört unter anderem, dass Bewerberinnen und Bewerber zwischen 18 und 30 Jahre alt sind. Das Visum ist ab Einreise ein Jahr gültig und es kann auch für Sehnsuchtsziele wie Neuseeland und Kanada erworben werden.
Eines dieser Traumländer junger Deutscher ist ein ganzer Kontinent: Australien. Surfen, die australischen Strände mit netten australischen ‚Dudes‘ (australisch für „Kumpel“) genießen, ab und zu ein bisschen arbeiten, dann wieder surfen, und so weiter. Ein Jahr oder auch zwei Jahre lang. Das ist eine wunderbare Vorstellung. Für Marie nicht ihre primäre Option. Sie möchte aus einem anderen Grund nach „Down Under“:
„Australien, weil ich gerne diesen Kontinent, der so unglaublich weit weg ist, für mich mal erfassen wollte im Prinzip, ja. Und gerne weg. Fernweh.“
Marie hat das Fernweh gepackt. Sie möchte den Kontinent in seiner Gesamtheit erfahren und spüren, ihn erfassen. Australien bietet aber nicht nur viele attraktive Reiseziele von der Great Ocean Road bis tief ins Outback, sondern auch viele Arbeitsmöglichkeiten: vom Bergbau über die Forstwirtschaft bis vor allem zur Landwirtschaft. Die Obstbauern sind auf die jungen Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter geradezu angewiesen.
Work and Travel bedeutet, seinen Aufenthalt mit allem, was dazu gehört, selbst zu organisieren oder ihn über eine der zahlreichen Work-and-Travel-Agenturen organisieren zu lassen. Entsprechende Angebote finden sich im Internet.
Ähnlich wie Marie wollte auch Daniel unbedingt nach Australien. Als er dann da war, gefiel es ihm so gut, dass er noch um ein Jahr verlängern wollte. Die Möglichkeit dazu hat er sich so gesehen „erarbeitet“, wie er erzählt:
„In meinem ersten Jahr hier war ich eigentlich fast überall, an der Westküste, Südküste und Ostküste. Wir haben Äpfel und Birnen gepflückt auf Farmen irgendwie so im Hinterland. Und dadurch qualifiziert man sich ja dann, dieses zweite Jahr zu beantragen. Genau, und das nutze ich ja jetzt gerade. Und jetzt möchte ich hier erst mal in Sydney bleiben, und so ’n bisschen das Stadtleben aufsaugen, und dann mal gucken, wo’s mich hinzieht.“
Daniel hat auf Farmen im Hinterland, den wenig besiedelten Regionen des Landes, sein Geld verdient. Weil diese Arbeit in der Landwirtschaft zur sogenannten „specified work“ gehört, erfüllte er die gesetzlichen Voraussetzungen dafür, ein zweites Working-Holiday-Visum zu erhalten. Von dem verdienten Geld bezahlt er jetzt erst mal einen Aufenthalt in einer der größten Städte des Landes, Sydney, wo er das Stadtleben aufsaugen, in sich aufnehmen und erleben möchte. Dann schaut er weiter, welches Ziel ihn interessiert, wo es ihn hinzieht. So entspannt und gut gelaunt wie Daniel können nicht alle von ihren Erfahrungen berichten. Es gibt immer wieder Fälle, in denen Work and Traveller von angeblichen Vermittlungsagenturen über den Tisch gezogen wurden. Sie mussten erst mal die Hälfte ihres hart erarbeiteten Gehaltes abgeben – für einen unterirdischen Schlafplatz, Agenturgebühren und ähnlich Halbseidenes.
Wer auf der Suche nach einem Job ist, sucht auf den einschlägigen Internetmarktplätzen, in denen die typischen Work-and-Travel-Gesuche stehen, oder er fährt einzelne Farmen ab. Manchmal hilft es aber auch, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden und abends in einen Pub zu gehen. Dort trinken die Arbeiter und die Farmer ihr Bier. Und dort werden auch gerne Jobs vergeben. Denn nicht jeder von ihnen macht sich die Mühe, mittels einer Stellenanzeige nach einer Aushilfe zu suchen.
Weil fast jeder das Paradies auf der anderen Seite der Welt vermutet, zieht es viele junge Deutsche nicht nur nach Australien, sondern auch nach Neuseeland, wie Alexa. Ihre Entscheidung hat sie nicht bereut. Sie fühlt sich wohl und begründet warum:
„Man fühlt sich freier. Man fährt irgendwo hin, und es sind nicht gleich überall Schilder, macht das nicht und das ist verboten, und man ist dann doch wieder ’n bisschen eigenverantwortlicher in seinen eigenen Entscheidungen, weil halt nicht alles in ’n Raster reingefügt wird.“
Die 22-Jährige schätzt, dass sie – anders als in Deutschland – nicht ständig mit Geboten und Verboten leben muss, in ein – wie sie sagt – Raster hineingefügt wird. Damit aber keine Enttäuschungen entstehen, hat sich das Goethe-Institut Neuseelands etwas Hilfreiches ausgedacht:
Lifeswap, ein Cartoon in zehn Episoden, in dem der Neuseeländer Duncan und der Deutsche Jörg ihre Wohnungen tauschen. Über Skype kommunizieren sie miteinander, zum Beispiel über den neuseeländischen Winter und ungeheizte Wohnungen: „Are you camping, Jörg? / Das kann man so sagen, aber im Schlafzimmer, warum ist es so verdammt kalt?! / Heating is considered a luxury item in an New Zealand flat.“
Jörg sitzt wie beim Camping dick vermummt in Duncans kalter Wohnung. Der Grund: Die Heizung wird nicht angestellt, denn Heizen ist in Neuseeland ein kostspieliges Unterfangen. Duncan seinerseits lernt, was manchem Deutschen in seiner Wohnung wichtig ist:
„[Ich treffe Hannes in der Stadt.] He’s going to help me buy some ‚Hausschuhe‘. The other day he showed me this sort of shrine, next to the front door, where they’re all kept.”
Duncan muss erst lernen, dass Pantoffeln, Hausschuhe, ein integraler Bestandteil der deutschen Gemütlichkeit sind, und dass sie fein säuberlich in einem Schuhregal direkt am Hauseingang nebeneinander aufgereiht sind. Auf ihn wirkt das wie ein Schrein. Wer sich noch nicht ganz sicher ist, ob Work and Travel wirklich die richtige Wahl ist, kann sich im Internet auf den zahlreichen Plattformen mit Erfahrungsberichten informieren.
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