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Manuskript

Die Küferei – ein traditionelles Handwerk

Es ist ein traditioneller Handwerksberuf, der des Küfers, allerdings einer, den in Deutschland nur noch wenige ausüben. Nachwuchs ist schwer zu finden – und das, obwohl die Nachfrage nach Holzfässern steigt.

Der Beruf des Küfers und der Küferin wird heutzutage immer noch so ausgeübt wie zu Zeiten der alten Römer und Griechen vor 2000 Jahren. Handwerkliches Geschick und technisches Verständnis sind ebenso gefragt wie eine gute Nase und Körperkraft. Die Berufsbezeichnung „Küfer“ leitet sich von „Kufe“ ab, das aus dem mittelhochdeutschen Wort für ein Holzfass entstand. Es bedeutet auch „Bottich“ oder „Bütte“. Ein Küfer kann einerseits ein „Böttcher“ sein, also jemand, der Holzfässer herstellt; es kann damit aber auch der Kellermeister, der „Weinküfer“, gemeint sein, der die Lagerung des Weins in Fässern überwacht. Obwohl nach vielen Jahren der Flaute die Nachfrage nach Holzfässern, besonders dem Barrique, dem 225-Liter-Fass aus Eichenholz, wieder steigt, gibt es in Deutschland nicht mehr viele Küfereien. Auch Nachwuchs ist schwer zu finden. Manche Betriebe bestehen oft schon seit Generationen. Auch Küfermeister Franz Markheiser aus Hilsbach in Baden-Württemberg führte die Tradition seiner Vorfahren fort, bevor er sich zur Ruhe setzte. Er schwärmt von dem Barrique:

„Das Barrique kommt aus der französischen Tradition, und die Franzosen haben uns hier einiges vor[aus]. Wir müssen von den Franzosen wieder etwas lernen, wie man den Wein individuell herstellt. Das darf man ganz ruhig und offen sagen, bei uns meint man, der Wein muss nur noch sortentypisch und aalglatt – möchte ich mal sagen – im VA-Stahlbehälter ausgebaut sein. Und solche kleinen Nuancen, wie diese Weine mit einem Holzfass-Ton bekommen, die hat man bei der amtlichen Prüfung irgendwie immer zurückgestuft, zum Teil auch abgelehnt.“

Gerade die in Barriques gereiften Weine haben dem Holzfass zu einer Renaissance verholfen. Denn Eichenholz, ein Hartholz, eignet sich gut für die Produktion von Weinfässern. Es verleiht dem Wein einen rauen Geschmack. Auch die Verarbeitung spielt eine wichtige Rolle. Besonders mit dem sogenannten „Toasten“, also dem Rösten oder Erwärmen des aus einzelnen Brettern, den „Dauben“, bestehenden Fasses, wird der Geschmack des Weins beeinflusst. Denn im Holz sind verschiedene Zuckerarten, die sich bei unterschiedlichen Bedingungen lösen. So kann ein Wein durch die Lagerung in einem Holzfass typische Nuancen, feine Geschmacksunterschiede, aufweisen, etwa leicht nach Vanille, aber auch Kaffee oder Rauch schmecken. Das alles hat ein Wein, der in Behältern aus einer bestimmten Edelstahlsorte, sogenannten VA-Stahlbehältern, gereift ist, laut Franz Markheiser nicht. Er schmeckt aalglatt, hat keinen wirklich eigenen markanten Geschmack. Franz Markheiser findet, dass man sich in Deutschland bei der Fassherstellung ein Beispiel an den französischen Küfern nehmen sollte. Denn in Frankreich hat man den deutschen Küfern einiges voraus, hat bereits erkannt, dass die individuelle Weinherstellung im Holzfass die Qualität des Weins beeinflusst.

Bis ein Holzfass fertig ist, in dem nicht nur Wein, sondern auch eine andere Flüssigkeit, ein Destillat, lagern kann, muss es einen langen Prozess durchlaufen. Das fängt bei der Auswahl des geeigneten Holzstammes an. Bevor das Holz verarbeitet wird, muss es trocknen. Dabei ist ein Punkt, wie ein Kollege von Franz Markheiser schildert, besonders wichtig:

„Kannst [du] nicht künstlich trocknen. Wenn’s künstlich trocknet in der Trockenkammer, gibt’s Bitterstoffe. Und die Bitterstoffe finden sich im Wein oder Destillat, oder was da immer hineinkommt. Muss also luftgetrocknet sein. Und da ist die Faustregel: pro Jahr ein Zentimeter. Also das ist 38 Millimeter eingeschnitten, brauch’ ich also zwei Jahre, bis es die Luftfeuchtigkeit von 16 bis 18 Prozent noch hat und dann kann [ich] es als Fass verarbeiten.“

Trocknet das Holz an der Luft, ist es besser geeignet, als wenn es in einer großen Kammer getrocknet wird. Zwar geht es dann schneller – eine Lufttrocknung dauert zwischen 18 bis 36 Monaten –, aber es gibt Qualitätseinbußen. Küfer wissen, wann die Dauben reif für die Verarbeitung sind. Denn es gibt eine Faustregel, eine einfache Regel, nach der man sich ungefähr richten kann: Es hängt von deren Dicke ab, davon, wie sie eingeschnitten sind. In vielen einzelnen Arbeitsschritten entsteht nun das eigentliche Fass. Dazu muss man unter anderem die Dauben in einen provisorischen Metallreifen setzen, sie erwärmen und biegen, die inneren Fasswände toasten, die provisorischen Metallringe abnehmen und sie durch die endgültigen Fassringe ersetzen sowie die miteinander verbundenen Dauben abdichten. Ganz zum Schluss werden der Fassboden und der Deckel eingesetzt.

Zwar gibt es riesige Fässer mit mehreren zehntausend Liter Fassungsvermögen. Diese werden allerdings nur für bestimmte Rotweine verwendet, in Deutschland teilweise auch für hochwertige Weißweine. Weltweit gefragt sind inzwischen allerdings eher kleinere Fässer, weil der Wein früher reif und trinkbar ist – manchmal nach sechs, zwölf oder achtzehn Monaten.

Für Franz Markheiser ist die aktive Zeit als Küfer schon lange vorbei. Mit ihm endete nach acht Generationen die Familientradition. Dabei, so gesteht er, hätte er sein Leben von Anfang an eigentlich lieber anders gestaltet:

„Da hab ich meinen größten Fehler 1960 gemacht, in Geisenheim in der hessischen Lehrforschungsanstalt zum Abschluss von der Meisterprüfung. Da hat der Professor Drusch zu mir gesagt: ‚Du bleibst bei uns. Der Herr Sieberter geht doch in einigen Jahren in Pension. Bleib du bei uns‘. Und dann bin ich nach Hause gegangen und hab das meinem Vater gesagt, und dann hat er gesagt: ‚Du wirst doch nicht!‘ Und dann hat er mir Gott und die Welt versprochen, und wenn ich damals mich geschüttelt hätte, dann wär’ der Betrieb mit meinem Vater ausgegangen. Und so bin ich der Letzte. Sag ich Ihnen ehrlich, wenn ich da nach Geisenheim runterkomme, da krieg’ ich immer ’n bissel Heimweh. Es war meine schönste Zeit da unten. Ich beneide meinen Sohn, der Kellermeister ist.“

Hätte er es sich aussuchen können, dann wäre Franz Markheiser gerne an der damaligen Lehr- und Forschungsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau im hessischen Geisenheim geblieben. Ein entsprechendes Angebot hatte er erhalten. Doch die Verpflichtung der Familientradition war zu groß, um sich aus dem väterlichen Betrieb zu lösen. Um Franz Markheiser im Betrieb zu halten, hatte der Vater ihm alles Mögliche zugesagt, hatte ihm Gott und die Welt versprochen. Hätte er Widerstand geleistet, – wie er sagt – sich geschüttelt, wäre der Familienbetrieb bereits mit seinem Vater beendet gewesen. Trotz allem: Seinen Job hat er immer gerne gemacht – egal wie anstrengend er auch war.

Küfermeister Franz Markheiser findet es schade, dass sein Beruf langsam ausstirbt.
Franz Markheiser hat nie bereut, dass er 1960 nicht in Geisenheim geblieben ist.
Franz Markheisers Vater war Küfer in siebter Generation.
Franz Markheisers Ruhestand bedeutete das Ende der Firma.

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