Manuskript

Seit 50 Jahren: Kampf um sexuelle Freiheit

Noch in den 1960er-Jahren war Sexualität außerhalb der Ehe ein Tabu. Das änderte sich, als junge Leute für freie Liebe kämpften. Was hat sich dadurch verändert und wie groß ist die sexuelle Freiheit heute?


„Meine Mutter erwartete von mir, mit spätestens Ende 20 einen wohlhabenden Arzt oder Rechtsanwalt zu heiraten, Kinder zu bekommen und ein Haus zu bauen. Als sie herausfand, dass ich – mit immerhin 21 Jahren – Sex mit meinem ersten Freund hatte, nannte sie mich ein ‚Flittchen‘.“ So beschreibt die Autorin und Journalistin Ulrike Heider die Gesellschaft der 50er-Jahre. Sexualität war ein Tabu.

Das veränderte sich ab 1961, als in Deutschland die Antibabypille auf den Markt kam. Sexualität wurde nicht mehr von der Angst bestimmt, schwanger zu werden. Frauen konnten nun selbst entscheiden, wann sie Kinder bekommen wollten. Das gab ihnen die Möglichkeit, zuerst eine Ausbildung oder ein Studium abzuschließen.

Der Umgang mit Sexualität wurde auch offener: In den Medien war mehr nackte Haut zu sehen und der Journalist Oswalt Kolle produzierte Filme, die über die menschliche Sexualität aufklärten. Junge Leute gründeten Kommunen, in denen sie in Gruppen zusammenlebten und wechselnde Sexualpartner hatten. Doch wirklich frei war man damals auch nicht: Frauen, die ihre neue sexuelle Freiheit nicht auslebten, galten häufig als verklemmt. Auch die Rollenbilder von Männern und Frauen in der Gesellschaft veränderten sich nur langsam.

Heute scheint Sexualität kein Tabu mehr zu sein. Sexuelle Bilder gibt es überall. Doch die Körper, die gezeigt werden, sollen jung, schlank und perfekt sein. Der Druck, diesem Bild zu entsprechen und „sexuell erfolgreich“ zu sein, ist groß. Besonders für Frauen ist das ein Problem. Verklemmt sollen sie nicht sein, aber die Vorstellung vom „Flittchen“ ist auch noch nicht aus den Köpfen verschwunden.