Manuskript

Steuerbetrug: Neues Online-Portal sorgt für Aufregung

„Denunziantentum“ oder ein sinnvolles Instrument zur Verhinderung von Steuerbetrug? In Baden-Württemberg sorgt ein neues Online-Portal für Streit. Die Aufregung bei den Konservativen ist groß, denn bald sind Wahlen.

Schriftlich, telefonisch, persönlich: So kann man in Deutschland bisher einen Verdacht auf Steuerbetrug melden. In Baden-Württemberg ist dies nun auch digital möglich, seit Finanzminister Danyal Bayaz ein neues Online-Portal eingeführt hat. „Steuerbetrug verursacht in Deutschland schätzungsweise einen Schaden von 50 Milliarden Euro im Jahr“, so Bayaz. Davon wird bisher nicht viel wiedergefunden: Im Jahr 2020 waren es gerade einmal 3,2 Milliarden.

In den Medien waren die Reaktionen auf das neue Portal sehr unterschiedlich: Einige Zeitungen meinten, dass Bayaz die Steuerfahndung fit für das digitale 21. Jahrhundert macht. Andere befürchten Denunziantentum: „Bürger sollen Nachbarn und Bekannte anschwärzen“, so die Boulevardzeitung BILD. Mit dem Wort „Steuer-Stasi“ stellte sie einen Zusammenhang zur Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern in der DDR her.

Ähnliche Reaktionen kamen auch von den konservativen Parteien, die normalerweise für harte Methoden im Kampf gegen Kriminalität sind. Doch bald ist Bundestagswahl, und Bayaz ist Mitglied bei den Grünen – Grund genug, sein Portal scharf zu kritisieren. So spricht die CDU von einem „Steuer-Pranger“ und die FDP von „Blockwart-Mentalität“, ein Vergleich mit der Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern in der Nazi-Zeit.

Bayaz meint, die Sorgen sind unbegründet: „Niemand muss befürchten, dass künftig die Steuerfahndung vor der Tür steht, nur weil der Nachbar ihn angeschwärzt hat. Es geht außerdem um relevante Fälle von Steuerbetrug.“ Er selbst saß im Untersuchungsausschuss zum größten Betrugsskandal in der jüngeren deutschen Geschichte. Dort hat er erlebt, wie sehr anonyme Hinweise im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität helfen können.