Das Geheimnis des perfekten Kaiserschmarrn
Die Österreicher sind stolz auf ihre weltberühmte Mehlspeise, deren Geschichte bis zu Kaiserin Sisi zurückreichen soll. Doch damit der Kaiserschmarrn gelingt, genügt es nicht, Eier, Milch, Mehl und Zucker einfach zu einem Teig zu verrühren. Nur wenn man sich genau an das Rezept hält, gelingt das bekannte österreichische Gericht perfekt. Ein Wiener Küchenchef beschäftigt sich seit fast dreißig Jahren mit dem Kaiserschmarrn – und weiß genau, worauf man achten muss.
SPRECHER:
Der Wiener Kaiserschmarrn – unter seiner Puderzuckerschicht verbirgt sich ein Stück österreichische Identität. Schon der Name sagt es: Es gibt kein Gericht, das so eng mit der glanzvollen Vergangenheit der österreichischen kaiserlich und königlichen Monarchie verbunden ist wie der Kaiserschmarrn. Gleich neben dem Wiener Stephansdom versteckt sich in einer kleinen Gasse „Heindls Schmarren & Palatschinkenkuchl“. Dort hat sich ein Koch schon seit fast drei Jahrzehnten diesem kulinarischen Klassiker verschrieben.
FRITZ SCHUBERT (Koch):
Ich bin der Fritz Schubert, Küchenchef in der Palatschinken-Küche. Mein Großvater hat schon Kaiserschmarrn gemacht. Ich mache ihn auch, weil für die österreichische Geschichte ist Kaiserschmarrn eines der besten Gerichte, die es gibt. Grundzutaten haben wir: frische Eier, Weizenmehl, Milch von der österreichischen Kuh, dazu etwas Vanillezucker.
SPRECHER:
Die Zutaten werden im Topf verrührt – bei Fritz Schubert quasi im Dreivierteltakt.
Entstanden ist das Gericht 1854, als der Hofkoch in der Schönbrunner Residenz von Kaiser Franz Josef und Kaiserin Sisi ein neues Rezept ausprobierte.
FRITZ SCHUBERT:
Mein Kollege in Schönbrunn hat der Kaiserin eine Süßspeise gemacht. Die Sisi, ne, das war schon … da sie sehr sportlich war, wollte sie immer ’ne schlanke Linie und so weiter, und da hat sie das Schöne, was ihr der hergerichtet hat, dem Kaiser gegeben. Der draufhin sagt: ‚Hmmm, wos is des für a Schmoarrn?‘ Er aß es, fand es für sehr gut. Und seitdem haben wir heute immer noch Kaiserschmarrn auf der Karte.
SPRECHER:
Vom „Schmarrn“ – also Unfug – zum berühmten Gericht: Ganz wichtig ist der Eischnee. Vom Dotter getrenntes Eiweiß wird mit Prisen von Salz und Zucker verfeinert und dann so lange gemixt, bis der Schnee die richtige Konsistenz hat.
FRITZ SCHUBERT:
Jetzt ist er fertig und er fällt nicht raus.
SPRECHER:
Vorsichtig wird der Eischnee unter den Kaiserschmarrn-Teig gehoben.
FRITZ SCHUBERT:
Jede Sache, die man macht, muss man mit Liebe machen und mit Herzblut. Sonst wird’s nichts. Der ist uns gelungen. Man sieht, dass keine Klümpchen drin sind. Man sieht, dass die Poren, diese Luftblasen, das ist das vom Schnee … das kommt jetzt hoch. Und das ist der perfekte Teig: ganz flaumig, fluffig.
SPRECHER:
Butterschmalz kommt in die sich drehenden Pfannen eines Spezialofens, der eigens für die Kaiserschmarrn-Produktion gebaut wurde. Auf dem kann man genau verfolgen, wie sich die zwei Zentimeter hohe Teigschicht bei 300 Grad Celsius entwickelt.
FRITZ SCHUBERT:
Wenn er innen noch flüssig ist, darf man ihn noch nicht wenden. Wenn man drauf greift, man spürt es: Es federt wieder zurück. Hier schaut’s schon sehr gut aus. Ja, das ist schon eine perfekte Sache. Ja, na, der wird scho a bissl ... so, da, jawohl, den zerschneiden wir. So ist die perfekte Bräunung, schön aufgegangen. Da jubelt der Kaiser.
Zum Wiener Kaiserschmarrn gehört natürlich dazu der Zwetschgenröster. Wir nehmen die entsteinten Zwetschgen. Dazu kommt der Zucker, also die Nelken, Zimtringe, etwas Rum und dann die Zeste.
SPRECHER:
Mit etwas Wasser wird der Zwetschgenröster – eine Art Kompott – 20 Minuten auf kleiner Flamme gekocht und dann zum mit Puderzucker bestreuten Kaiserschmarrn serviert.
FRITZ SCHUBERT:
Kaiserschmarrn ist eine Philosophie. Das ist eine Süßspeise, die sättigt – sehr – und fast süchtig macht. Isst man immer wieder, immer wieder, immer wieder. Das kann man als Hauptgericht essen oder als Nachspeise, am Sonntag oder von Montag bis Freitag. Da gibt’s keinen Tag, wo man ihn nicht essen kann.
SPRECHER:
Und jeder Bissen erinnert auch an die kuriose Entstehungsgeschichte der kaiserlichen Lieblingsmehlspeise.