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Manuskript

Ökotourismus in Deutschland

Reisen und Ökologie schließen sich nicht aus. In Deutschland gibt es etwa 160 touristische Ziele, um zu sehen, was mit sogenannten erneuerbaren Energien möglich ist. Dazu gehört auch eine Solarfähre am Bodensee.


Tom liebt den Klang der Wellen. Im Sommer hört er ihn jeden Tag, wenn er auf dem Wasser des Bodensees unterwegs ist. Seine kleine Fähre, auf der Platz für zwölf Passagiere ist, fährt zwischen dem deutschen und dem gegenüberliegenden Schweizer Ufer hin und her – zwischen der Insel Reichenau und Mannenbach. Etwa eine Viertelstunde dauert so eine Fahrt. Für Tom und seine Passagiere sind das 15 besonders erholsame Urlaubsminuten:

„Da hört man einfach ganz toll das Wasser plätschern, und der Motor ist ganz leise.“

Die Überfahrt ist erholsam, weil keine dröhnenden Schiffsdieselmotoren die Ruhe auf dem See stören. Der Motor von Toms Fähre ist leise, er schnurrt. Denn Tom steuert ein ganz besonderes Boot: die Solarfähre RA 33 Reichenau. Ihre Energie bezieht sie durch blaue, in der Sonne glitzernde Solarmodule. Die strecken sich über den Köpfen von Kapitän und Passagieren dem Himmel entgegen, spenden dadurch Schatten und produzieren Strom. Dieser wird in 16 kleinen Hochleistungsakkumulatoren, kurz Akkus, im Rumpf der Fähre gespeichert. Die Akkus treiben die beiden beinahe geräuschlosen Elektromotoren an:

„Ich kann hier wochenlang rumfahren ohne Steckdose. Wenn ich halt sparsam fahre, dann verbrauche ich höchstens 20 Prozent bis zum Ende meines Kursbetriebes, und die 20 Prozent, die lädt’s mir am Abend und am nächsten Morgen bis zu meinem Kursbetrieb gerade wieder rein. Dann habe ich wieder 100 [Prozent] am nächsten Tag.“

Selbst bei bewölktem Wetter reicht die Sonnenenergie, so dass Tom die Akkus nicht mit fremdem Strom aufladen muss. Er kommt – wie er sagt – ohne Steckdose aus. Bis zu 45-mal kann er über den See hin und her fahren – bei Nacht immerhin noch 30-mal. Und dann ist abends zum Ende seiner Fahrten, seines Kursbetriebes, immer noch genug Restenergie, Restkapazität vorhanden, um die Akkus mit dem vorhandenen Licht wieder auf volle Leistung, auf 100 Prozent zu bringen. Das ist unter anderem möglich, weil Tom nicht sehr schnell fährt, um Energie zu sparen:

„Ich befinde mich jetzt auf der siebzehnten Überfahrt über den See, und hab trotzdem, dass wenig Sonne schien, eine Restkapazität von – wir lesen ab hier – 83 Prozent.“

Tom hat bei dieser Fahrt eine Ausflugsgruppe internationaler Jungwissenschaftler an Bord. Die Chemiker aus Indien, China, Spanien, Deutschland und der Schweiz kennen sich beruflich gut aus mit Solarzellen. Als Tourist auf Toms Solarfähre zu sein, das ist für den Forscher Rajkumar aus Indien aber dennoch etwas Neues:

„Das ist ein gutes Gefühl. Wir sehen Solarzellen für gewöhnlich nur in Gebäuden – dort produzieren sie ja schon lange Strom. Aber Solarzellen auf einem Boot, das sehe ich hier zum ersten Mal. Da fährt sich das Boot gleich ganz anders. Und es gibt hier vor allem erst mal keine Umweltverschmutzung auf dem See. Das ist gut zu wissen.“

Rajkumar hat auf Toms Boot einen anderen Einsatz von Solarmodulen kennengelernt als den ihm bekannten. Solarmodule bestehen in der Regel aus 84 einzelnen, miteinander verbundenen Solarzellen, die in einem Rahmen stecken. Solarzellen sind hauchdünne Scheiben aus Silizium, die auf der Oberseite mit einer blauen Antireflektionsschicht und dünnen, feinen Drähtchen versehen sind, um das Sonnenlicht – auf der Unterseite – zu speichern. Für den indischen Wissenschaftler ist die Solarfähre auch aus Gründen des Umweltschutzes von Interesse, da keine Abgase aus Dieselmotoren die Luft verschmutzen. Menschen wie Tom will Buchautor Martin Frey ins Rampenlicht eines umweltschonenden Tourismus rücken. Zusammen mit einem renommierten Verlag gibt er den Reiseführer „Deutschland – Erneuerbare Energien erleben“ heraus. Toms Solarfähre ist dabei eines von vielen Reisezielen:

„Tourismus und erneuerbare Energien passen sehr gut zusammen. Denn Touristen wollen, wenn sie unterwegs sind, ja nicht nur jetzt irgendwie die Zeit vertreiben, sondern wollen auch mal was Neues kennenlernen. Und gerade die erneuerbaren Energien sind das große Thema in diesem Jahrzehnt – und auch in den nächsten Jahrzehnten für ’ne ganze Generation. Und wir fangen jetzt gerade damit an. Und hier stellen sich sehr viele Fragen, die gerne beantwortet werden sollen.“

Martin Frey glaubt, dass Touristen auch Interesse an Reisezielen haben, die auf die sogenannten erneuerbaren Energien wie Sonne, Wasser, Wind, Erdwärme setzen. Nicht jeder Tourist reise irgendwohin, um sich einfach so die Zeit zu vertreiben. Mancher wolle während seiner Erholung auch etwas lernen. Sieben Touren hat Martin Frey zusammengestellt – vom Windpark vor der Küste im Norden bis zur Wanderhütte in den Bayerischen Alpen, die ihren Strom durch Solarenergie oder Wasserkraft bezieht. Unterwegs sind die Touristen natürlich umweltfreundlich – im besten Fall mit Elektroautos, Elektro-Bikes oder mit der Bahn. Das Einzige, was sie wirklich brauchen, ist – so Martin Frey – ein wenig Zeit. Und das hat seinen Grund:

„Was natürlich immer am Interessantesten ist, sind die Gespräche mit den Menschen vor Ort. Also wenn man diese Pioniere der Energiewende kennenlernt. Wenn man diese Leute kennenlernt, denen über Jahrzehnte Steine in den Weg geräumt wurden und die jetzt auf einmal ’ne ganz andere Wertschätzung in der Gesellschaft erfahren durch die aktuelle politische Diskussion. Das kann man nicht zwischen Buchdeckel pressen, sondern da muss man einfach Koffer packen und los!“

Die sogenannte Energiewende in Deutschland, die Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas oder der Atomenergie hin zu Erneuerbaren Energieformen, ist noch nicht so alt. In den 1990er Jahren wurde der Begriff der „Energiewende“ geprägt. Diejenigen, die damals schon über alternative Energieformen nachdachten und sie anwendeten, waren Pioniere. Zu ihnen gehörte auch die Partei „Die Grünen“, die bereits in den 1980er Jahren mit dem Slogan warb: „Atomkraft? Nein danke!“ Manche dieser Pioniere wurden nur belächelt, anderen wurden bei ihren Vorhaben Steine in den Weg gelegt, sie wurden behindert. Buchautor Martin Frey meint, über diese ganzen Erfahrungen könne man nicht schreiben, man könne sie nicht zwischen Buchdeckel pressen wie eine Pflanze, die getrocknet werden soll. Man müsse mit den Menschen direkt sprechen, einfach seine Koffer packen und losfahren, wie er sagt. Tom ist auf seine Art auch ein Pionier. Und deshalb hat ihn gefreut, was ihm Deutschlands ehemaliger Umweltminister, Klaus Töpfer, mit auf den Weg gab: 

„Dass mir der Klaus Töpfer, der auch schon das Boot gechartert hat für ‘ne Abendrundfahrt, gesagt hat: ‚Sie haben den schönsten Job der Welt‘.“

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