Berlin: eine ukrainische Fotokünstlerin in Kriegszeiten
Viktoria Sorochinski ist Fotografin. Zurzeit lebt sie in Berlin, doch geboren ist sie in Mariupol, wo die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs besonders schlimm sind. In Berlin verbinden sie eine Kunstgalerie und ein Restaurant mit der Heimat. Ukrainische Kultur und Traditionen sind auch Themen ihres fotografischen Werks. Wie alle Ukrainerinnen und Ukrainer hofft sie auf ein schnelles Ende des Kriegs. Für die Zeit danach hat sie schon ein neues Projekt geplant.
SPRECHER:
Sorgenvoll geht Viktoria Sorochinski durch Berlin. Sie wurde in der Ukraine geboren, hat dort Familie und Freunde. Ihrem Vater ist gerade erst die Flucht aus Kiew gelungen, von Verwandten in Mariupol hat sie seit Tagen nichts gehört.
VIKTORIA SOROCHINSKI (Fotografin, in Mariupol geboren):
Wir wissen nicht, ob sie noch am Leben sind. Wir hoffen einfach, dass sie es irgendwie geschafft haben, in dieser grauenvollen Lage zu überleben. Sie haben keinen Strom, kein Wasser und kein Essen.
SPRECHER:
Viktoria Sorochinski wohnt seit acht Jahren in Berlin und arbeitet erfolgreich als Fotografin. Als sie elf Jahre alt war, verließ die Familie die damalige Sowjetunion. Sie lebte in Israel, Kanada, den USA. Doch in ihren Arbeiten geht es oft um ihre Erinnerungen an die Ukraine. Zum Beispiel in ihrem langjährigen Projekt „Lands of No-Return". Darin porträtierte sie ab 2009 die langsam verschwindenden traditionellen ukrainischen Dörfer und ihre Bewohner. Ihre Großeltern lebten in einem dieser Dörfer nahe Kiew. Als Kind war sie oft dort – für sie eine Zeit des Glücks.
VIKTORIA SOROCHINSKI:
Ich möchte an die letzten Überreste erinnern, aber nicht auf traurige Art und Weise. Ich will die Schönheit dieser Orte zeigen und die Schönheit der Menschen dort. Ich fürchte, dass sich die Zustände aktuell verschlimmern. Doch wenn man sich bisher kaum um diese Dörfer gekümmert hat, was wird dann jetzt passieren?
SPRECHER:
Auch für ihr jüngstes Projekt „Poltavaland" reiste Viktoria Sorochinski immer wieder in die Ukraine. Poltawa, im Osten des Landes, ist für sie ein besonderer, mythischer Ort – ein eigener Mikrokosmos voller kreativer und einzigartiger Menschen. Regelmäßig arbeitet sie mit der Berliner „ArtEast Gallery" zusammen. Eine Galerie, die sich speziell der Kunst aus der Ukraine verschrieben hat. Cornélia Schmidmayr plant schon die nächste Ausstellung mit Werken von Viktoria Sorochinski. Die Galeristin hat selbst einige Jahre in der Ukraine gelebt. Direkt nach Ausbruch des Krieges hat sie mit ihrer Geschäftspartnerin eine Stiftung gegründet, um ukrainische Künstler zu unterstützen und Kunstwerke aus dem Land zu retten.
CORNÉLIA SCHMIDMAYR (Galeristin):
Wir wollen ganz schnell anfangen zu arbeiten, um den Künstlern zu helfen, damit sie weiter … sich weiter ausdrücken können und weiter arbeiten können. Wenn sie das können. Es gibt Künstler, die selber sagen, dass sie das nicht mehr können zur Zeit, dass sie einfach nicht mehr die Energie oder die Kraft haben.
SPRECHER:
Helfen wollen auch die Betreiber des ukrainischen Restaurants „Odessa Mama" in Berlin. Seit Kriegsbeginn versorgen die Inhaber Nataliya und Oleksandr Goldyrev nicht nur Restaurantgäste. Sie kochen auch jeden Tag für 20 freiwillige Helfer, die ukrainische Flüchtlinge unterstützen. Und natürlich für Landsleute in Not.
NATALIYA GIOLDYREV (betreibt mit ihrem Mann das Restaurant „Odessa Mama“):
Wenn die Ukrainer ankommen, die Geflüchteten, dann wird gespendet. Mindestens ein Borschtsch oder eine Soljanka, also eine Suppe wird gespendet.
SPRECHER:
Auch für Viktoria Sorochinski ist ukrainisches Essen ein Seelentröster. Borschtsch und Bliny vermitteln ihr ein Gefühl von Heimat – gerade in dieser schwierigen Zeit. Und sie ist froh, dass es überall viel Hilfsbereitschaft gibt.
VIKTORIA SOROCHINSKI:
Ich habe viele Freunde, die ihre Wohnungen für Geflüchtete freiräumen oder Menschen von der ukrainischen Grenze abholen. Das ist sehr berührend für mich. Und es freut mich, dass die Leute in dieser schrecklichen Situation so vereint sind.
SPRECHER:
Viktoria Sorochinski möchte ebenfalls helfen – unter anderem mit künstlerischen Mitteln. Sie plant schon das nächste Fotoprojekt in der Ukraine.
h.
VIKTORIA SOROCHINSKI:
Ich möchte gern fotografieren, wie das Land aus dieser Krise herauskommt, wie es wiederaufgebaut wird. Und ich möchte mich dabei auf die junge Generation fokussieren. Ich hoffe, dass ich die Seele der ukrainischen Bevölkerung einfangen kann. Die Ukrainer sind meiner Meinung nach sehr stark und können dieses Land wieder zum Leben erwecken.
SPRECHER:
Einen Namen für ihr Projekt hat sie bereits: „Ukraine: The Afterlife" – das Leben danac
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Welche dieser Städte liegen in der Ukraine?
Wie nennt man eine Organisation, die mit ihrem Geld Projekte finanziert oder unterstützt?
Wie nennt man jemanden, der Kunst ausstellt und verkauft?