Pilgern ist in
Immer mehr Menschen gehen pilgern – aus religiösen Gründen oder weil sie dem stressigen Alltag entkommen wollen. Viele Pilger schalten aber trotzdem nicht richtig ab, weil sie das WLAN auch unterwegs nutzen.
Schon vor Jahrhunderten pilgerten die Menschen zum heiligen Jakobus nach Santiago de Compostela in Nordspanien. Auch heute begeben sich viele Menschen auf die Reise und pilgern auf meditativen Wegen. Die Zahl der Pilger ist in den letzten Jahren stark gewachsen: Auf der bekanntesten Strecke des Pilgerwegs, dem nordspanischen Jakobsweg, hat sich ihre Zahl in den letzten zwölf Jahren verdreifacht.
Früher pilgerten die Menschen, weil sie auf der Suche nach Gott waren. Touristenpfarrer Oliver Gußmann weiß, dass es heute auch ganz andere Gründe gibt: Der Trend geht dahin, „dass viele Leute einfach Entschleunigung von ihrem stressigen Alltag suchen, um zu sich selbst zu kommen“, so Gußmann. Sie wollen also dem Alltag entkommen, abschalten und über ihr Leben nachdenken.
Auch in Deutschland ist pilgern in. Immer mehr Menschen sind hier auf den Pilgerwegen unterwegs, besonders in Bayern. Dort spricht man sogar von einem Pilgerboom. Das 2015 gegründete Pilgerzentrum in Nürnberg informiert nicht nur über die Routen und die wichtigste Ausstattung für Pilger, sondern es können auch Pilgerbegleiter für Gespräche gebucht werden. Sie begleiten Menschen, die zum Pilgern gekommen sind, weil ein geliebter Mensch gestorben ist, weil sie arbeitslos sind oder vor wichtigen Entscheidungen stehen.
Raimund Joos ist dreimal im Jahr als Pilger unterwegs. Er weiß: „Eines der Geheimnisse des Pilgerns liegt im Loslassen, dass man sich auf etwas Neues einlässt.“ Ein häufiges Problem ist aber, dass es in vielen Herbergen inzwischen WLAN gibt und viele Pilger nach dem Wandern Nachrichten gucken oder ihre E-Mails lesen. „Sie sind eigentlich mit den Füßen auf dem Weg, aber mit dem Kopf im Alltag“, so Joos. Wer sich als Pilger auf den Weg macht, sollte sein Smartphone also besser zuhause lassen.