Manuskript

Zum Eisklettern in den Alpen

Es ist ein Sport für Wagemutige: das Eisklettern. In den Dolomiten gehört es zu den Attraktionen, an gefrorenen Wasserfällen hochzuklettern. Auch für Anfänger kein Problem – solange sie keine Höhenangst haben.


Grandiose Ausblicke, eine wunderschöne Kulisse und endlose Schneepisten: Die Dolomiten in Südtirol sind ein Wintersportgebiet der Superlative. Vom Grödnertal hat man Zugang zu einem der größten und schönsten Skigebiete des südlichen Teils der Alpen. Besucherinnen und Besucher können in wenigen Minuten per Seilbahn die Pisten zwischen dem Langkofel-Gipfel und dem Sellamassiv erreichen – auf mehr als 3000 Metern Höhe. Bergführer Hubert Moroder kommt da ins Schwärmen:

„Wir sind eines der schönsten Skigebiete, wenn nicht das schönste Skigebiet weltweit, verbunden mit sehr vielen Pisten. Man kann nicht nur Skilaufen bei uns, man kann langlaufen, man kann rodeln, man kann eisklettern, man kann wirklich alles, was mit Winter zu tun hat, hier auf engem Raum machen.“

Tausende Pisten-Kilometer in allen Schwierigkeitsgraden bietet Europas größte Skiregion „Dolomiti Superski“, ein Verbund von insgesamt zwölf Skigebieten. Dort kann man langlaufen, mit Skiern auf relativ flachen Wegen fahren, oder rodeln, mit einem kleinen Fahrzeug ohne Motor auf dem Schnee gleiten. Touristen* aus aller Welt haben ihren Spaß im Schnee und schätzen die Gegend sehr:

„Die Pisten sind alle miteinander verbunden und die Abfahrten lang, das macht Spaß. / Gucken Sie die Kulisse an, darum kommen wir gerne her. / Es ist toll und man isst gut!“

Die Skifahrer freuen sich über die langen Abfahrten, die langen Strecken hinunter ins Tal. Andere probieren das Eisklettern aus, sie klettern mit einer speziellen Ausrüstung an einem der vielen zugefrorenen Wasserfälle der Region hoch. Einer davon ist der 35 Meter hohe „Tervela“-Wasserfall bei Sankt Christina im Grödnertal. Notwendig für das Eisklettern sind nicht nur eine alpine Schutzausrüstung, sondern auch besondere Geräte wie Steigeisen und Eispickel.

Bergführer Hubert Moroder will den Eisfall „Pilon“ mit zwei Touristinnen besteigen. Das Naturdenkmal ist 20 Meter hoch und sehr beliebt in der Kletterszene. Der erfahrene Eiskletterer zeigt den beiden Anfängerinnen, worauf es ankommt:

„Du schaust, den Fuß Richtung Mitte zu stellen, bisschen höher steigen und dann rechts, wieder in der Mitte, ein bisschen nach links und dann nach rechts, dass wir den Eispickel immer in der Mitte vom Körper haben.“

Bevor die beiden loslegen, klettert Hubert Moroder vor und befestigt das Sicherungsseil an speziellen Haken:

„Am Anfang wird die Stelle so zweimal gekratzt, bis er richtig beißt, und dann kann man den … [Haken eindrehen].“

Hubert Moroder schlägt den Eispickel ein, hält sich mit der linken Hand daran fest. Dann setzt er mit der rechten Hand eine spezielle Schraube am Eis an, kratzt die Stelle, und dreht sie so lange, bis sie richtig festsitzt, beißt. Nun kann der Haken für das Sicherungsseil festgemacht werden. Daran können bis zu vier Personen gesichert werden. Das ist wichtig, denn besonders bei den ersten Versuchen verlieren Anfänger oft den Halt und fallen ins Seil. Lockeres Eis schlägt der Bergführer zur Sicherheit weg. Nach einer Viertelstunde müssen die beiden Frauen erst einmal verschnaufen:

„Man muss den richtigen Punkt suchen und ausprobieren, wo das Eis dich hält. / Anfangs hatte ich schon Angst, dass das Eis bricht, weil ich ja so was noch nie gemacht habe. Aber nein, es hält und es ist ziemlich hart.“

Auch für geübte Bergsteiger ist Eisklettern eine ganz neue Erfahrung. Eispickel und Steigeisen muss man kräftig ins spröde Eis schlagen. Dabei wird einem trotz Eiseskälte schnell warm. Hubert Moroder führt regelmäßig kleine Gruppen ins Eis, überall in den Dolomiten. Ihm macht das großen Spaß:

„Ich finde das ganz toll: Man hinterlässt keine Spuren. Es bildet sich immer ’n bisschen anders, es ist nie gleich schwierig wie das Jahr zuvor. Und man kann immer andere Wasserfälle entdecken, die letztes Jahr nicht gefroren waren, heuer sind sie wieder gefroren, und ich finde das sehr toll.“

Dass das Eisklettern so viel Abwechslung bietet, es sich immer ein bisschen anders bildet, begeistert Hubert Moroder. So ist in diesem Jahr, heuer, auch ein Wasserfall vereist, der es im Jahr davor nicht war. Für die Pause zwischendurch gibt es zahlreiche Berghütten. Auf über 2000 Metern Höhe werden herzhafte Südtiroler Küche und die besten Weine der Region serviert – mit typisch italienischem Flair. Diese Hütten sind im Winter nur per Seilbahn oder Ski zu erreichen. Und sie wetteifern miteinander mit ihren kulinarischen Spezialitäten: mediterrane Küche, lokale, traditionelle Spezialitäten, internationale Küche oder sogar Spitzengastronomie auf höchstem Niveau. Einige Hütten wurden sogar vom Gault Millau ausgezeichnet. Manche Gäste kommen nur deswegen hier hoch. Die Sofie-Hütte auf der Seceda-Alm in 2400 Metern Höhe ist wegen ihrer Gourmet-Küche und ihres italienischen Flairs besonders beliebt. Hüttenwirt Markus serviert traditionelle Südtiroler Kost und eigene Kreationen. Dabei legt er auf etwas besonders viel Wert:

„Wir versuchen, regionale Produkte zu verwenden, zum Teil Bioprodukte. Wir haben aber auch eine mediterrane Küche, eine internationale Küche, wobei wir sehr [darauf] achten, dass die Grundprodukte nicht zu sehr manipuliert werden, um den Eigengeschmack beizubehalten.“

Wer gut gegessen hat, kann sich danach gestärkt wieder dem Sport widmen. Denn in den Dolomiten warten noch viele weitere Eisfälle darauf, erklommen zu werden.

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