Ich poste, also bin ich
Durch den Bildschirm sieht man die Welt
in einem anderen Licht.
Du willst in die Stadt gehen?
Tut mir leid, ich kann grad nicht.
Ich hab viel zu tun, ich muss noch so viel recherchieren,
YouTube-Videos gucken und die TikTok-Trends kapieren.
Ich poste, also bin ich, schau mal: ich am Strand!
Schreib mal in die Kommentare,
aber bitte ruf nicht an.
Ich muss nie mehr Mama fragen, wenn ich ein Rezept für einen Kuchen brauch.
Sie checkt meinen Insta aus, aber guckt nicht in meinen Suchverlauf.
Ich will nicht hören, was mein Kopf denkt.
Er denkt mich noch ins Grab.
Er ist nur still, wenn ich ihn ablenk.
Darum lenk ich ihn ab.
Es ist 4 Uhr in der Nacht,
und ich bin noch wach.
Ich schalt dich ein
und ich schalte ab.
Hinter diesem Bildschirm kommt keiner an mich ran.
Endlich mal ein Ort, an dem ich alles sagen kann.
Manchmal ist es gemein, ja, das muss ich eingestehen,
doch von über 1000 Facebook-Freunden hab ich keinen je gesehen.
Ich will nicht hören, was mein Kopf denkt.
Er denkt mich noch ins Grab.
Er ist nur still, wenn ich ihn ablenk.
Darum lenk ich ihn ab.
Es ist 4 Uhr in der Nacht,
und ich bin noch wach.
Ich schalt dich ein
und ich schalte ab.
Wie viel Uhr ist es noch mal?
Oh, ein Kommentar!
Haha, Like und Share.
Wer war noch mal Claire?
Ah ja, stimmt, von damals.
Krass, die ist auf den Bahamas.
Und 12 WhatsApp von letzter Nacht,
warum hab ich das Ding noch mal angemacht?
Ich schalt dich ein, du saugst mich ein.
Du machst „Ding“, und ich bleibe hängen.
Und das, was ich tun muss, geht verloren
im Algorithmus.
Ich will nicht hören, was mein Kopf denkt.
Er denkt mich noch ins Grab.
Er ist nur still, wenn ich ihn ablenk.
Darum lenk ich ihn ab.
Es ist 4 Uhr in der Nacht,
und ich bin noch wach.
Ich schalt dich ein
und ich schalte ab.