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Erinnerungskultur – Streit um geplante Reform

In Deutschland wird über die Form der Erinnerungskultur gestritten. Während einige die Opfer des Kolonialismus sichtbarer machen möchten, machen sich andere Sorgen um die Bedeutung des Holocaust-Gedenkens.

Der Holocaust war ein beispielloses Verbrechen in Deutschland. Seit Jahrzehnten wird der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Doch wie kann man an andere Opfer von Verbrechen erinnern, die zum Beispiel in der deutschen Kolonialzeit begangen wurden? Anfang 2024 veröffentlichte die Bundesbeauftragte für Kultur einen Entwurf für eine Reform der Erinnerungskultur – einschließlich der Geschichte des Nationalsozialismus, der DDR, des Kolonialismus, der Demokratie und der Migration.

Doch daran gab es Kritik. In einem offenen Brief der Holocaust-Gedenkstätten steht zum Beispiel, dass der Entwurf die zentrale Bedeutung des „Menschheitsverbrechens der Shoah“ für Deutschland nicht deutlich macht und daher „im Sinne der Verharmlosung der NS-Verbrechen verstanden werden“ könnte. Dies hat dazu geführt, dass der Entwurf von der Webseite genommen wurde.

Tahir Della von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) begrüßt die Einbeziehung der Kolonialgeschichte in die Erinnerungskultur. Ihm ist dabei auch der Austausch zwischen seiner Initiative, den Holocaust-Gedenkstätten, denen für Sinti und Roma und des DDR-Systems wichtig. Er möchte aber auch die koloniale Kontinuität zeigen, „die über die Kolonialzeit hinaus in die NS-Zeit hineinreicht.“

Der Holocaust wird in Deutschland häufig als Zivilisationsbruch beschrieben. Die postkoloniale Kritik argumentiert, dass bereits die Kolonialgeschichte rassistisch und voller Gewalt war. In Deutschland schließt sie den Völkermord an den Herero und Nama (1904 – 1908) im heutigen Namibia ein. Sebastian Conrad, Professor für globale und postkoloniale Geschichte, meint: „Die globalisierte Welt, in der wir leben, hat eine längere Geschichte.“ Und in dieser spielt der Kolonialismus eine wichtige Rolle. Ihn zu verstehen, ist daher für das Verständnis der Gegenwart wichtig, so Conrad.

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