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Homosexualität: seit 30 Jahren straffrei

Bis 1994 wurden homosexuelle Männer vom Gesetz diskriminiert. Zahlreiche Betroffene litten sehr unter dem Paragrafen175. Heute hat sich vieles zum Positiven verändert, doch es gibt auch Grund zur Sorge.


Bis Ende der 1960er-Jahre bekamen Männer für Sex mit anderen Männern in Deutschland hohe Gefängnisstrafen. Und auch in den Jahrzehnten danach wurden Homosexuelle per Gesetz weiter diskriminiert. Heute können Betroffene zwar dafür entschädigtwerden, doch viele leben bereits nicht mehr oder möchten sich mit dem Thema nicht mehr beschäftigen. Die Zahl der Anträge ist daher gering.

Die Verfolgungmännlicher Homosexualität hat in Deutschland eine lange Geschichte. Sechs Monate Gefängnis drohtenBetroffenen nach Paragraf 175 des Strafgesetzbuches ab 1871. In der NS-Zeit wurde das Gesetz verschärft, schon für einen Kuss oder Blick drohte Gefängnis. Etwa 100.000 Homosexuelle wurden von den Nazis getötet. Deren „Rosa Listen“ nutzte die frühe BRD, um Homosexuelle weiter zu verfolgen. Auch der Paragraf 175 galt weiter, allerdings wurde er 1969 und 1973 entschärft, Sex zwischen erwachsenen Männern war nun straffrei.

1994 wurde der Paragraf – auch auf Druck der ostdeutschen Bundesländer – endgültig abgeschafft. Und auch danach hat sich viel getan: Patrick Dörr vom Lesben- und Schwulenverband in Deutschland nennt das Lebenspartnerschaftsgesetz 2001 und die Ehe für alle 2017. „Seit 2018 gibt es ein drittes Geschlecht im Personenstandsregister. Und vor Kurzem wurde auch das Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet“, so Dörr. Wichtig ist auch die gesellschaftliche Akzeptanz: Laut einer Studie sind etwa 75 Prozent gegen die Diskriminierung von queeren Menschen. 

Doch es gibt auch Rückschritte: Unter jungen Männern nehmen queerfeindliche Ansichten zu. Und auch die Zahl der Angriffeauf queere Menschen steigt seit Jahren. Dörr fordert daher eine Ergänzung von Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes, der Diskriminierung verbietet. Für ihn ist wichtig, dass dort auch homosexuelle und queere Personen explizitgenannt werden – was bisher nicht der Fall ist. 
 

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