Manuskript

Leben nach der inneren Uhr

Für viele Menschen in Deutschland gehört frühes Aufstehen zum Alltag. Wer länger braucht, um aus dem Bett zu kommen, hat es schwer. Oft gelten Langschläfer sogar als faul. Aber das stimmt nicht.

„Morgenstund hat Gold im Mund“, sagt man in Deutschland. Es gilt als normal oder wenigstens als erstrebenswert, schon früh frisch, wach und aktiv zu sein. Für viele beginnt um acht Uhr der Schul- oder Arbeitstag. Das ist für Frühaufsteher, die sich morgens am besten konzentrieren können,

ideal. Für Abendmenschen dagegen ist es ein Albtraum. Denn sie laufen erst später zur Höchstform auf.

Obwohl sie genauso viel leisten wie Frühaufsteher, nur eben zu einer anderen Tageszeit, gibt es immer noch Vorurteile gegen „Langschläfer“: Viele halten sie für Faulenzer. Dabei weiß man heute, dass die innere Uhr bei jedem Menschen anders geht. Ob ein Mensch Frühaufsteher oder Abendmensch ist, hängt von verschiedenen Genen ab. Sie bestimmen zum Beispiel, wann das Schlafhormon Melatonin ausgeschüttet wird.

In den ersten Lebensjahren ist das bei den meisten Menschen noch gleich: Fast alle Kleinkinder sind Frühaufsteher, Jugendliche kommen dagegen nur schwer aus dem Bett. Erst nach der Pubertät sorgen die Gene dafür, dass die einen zu Frühaufstehern und die anderen zu Abend- oder Nachtmenschen werden.

Neue Forschungen an der Technischen Universität Dortmund haben gezeigt, wie stark unsere geistigen und körperlichen Fähigkeiten von dieser Uhr abhängen. Sie bestimmt, wann wir am besten lernen und Probleme lösen können. Aber es geht nicht nur um unsere Leistungsfähigkeit, sondern auch um unsere Gesundheit: Menschen, die gegen ihre innere Uhr leben, leiden zum Beispiel häufiger an Diabetes. Deshalb sollten Langschläfer morgens ruhig ein bisschen länger liegen bleiben – ganz ohne schlechtes Gewissen.