Ein Mann und eine Frau sitzen sich in einem Café gegenüber. Auf dem Tisch steht eine Vase mit einer Rose. (Quelle: Zhan Yan/Photoshot/picture alliance)
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Lebenspartner gesucht!

Da der Mensch ein soziales Wesen ist, fühlt er sich normalerweise zu zweit wohler als allein, und so floriert auch das Geschäft mit der Partnersuche. Trotzdem nimmt die Zahl der Singlehaushalte in Deutschland zu.

„Verliebt, verlobt, verheiratet, so heißt das Spiel zu zwein / Verliebt, verlobt, verheiratet, da sag ich Dir nicht Nein …“

Für die meisten Menschen ist die Hochzeit eines der wichtigsten Ereignisse in ihrem Leben. Der Tag der Eheschließung ist mit Hoffnungen und Erwartungen verbunden, doch nicht immer hält eine Partnerschaft bis zum Lebensende. Statistiken zeigen, dass die Zahl der Einpersonenhaushalte in Deutschland seit Beginn der 1990er-Jahre stetig gestiegen ist. Gründe dafür können eine Scheidung oder der Tod des Partners sein. Und dann gibt es noch zahlreiche Junggesellinnen und Junggesellen – aus Überzeugung oder weil die beziehungsweise der Richtige noch nicht gefunden wurde.

Früher war das alles ganz einfach: Jahrhundertelang wurde man von den Eltern verkuppelt. Später dann, als man sich selbst seinen Partner aussuchen durfte, ging man am Sonntagnachmittag zum Tanztee und hoffte, dass sich im schummerigen Licht des Lokals irgendwann ein Funke der Leidenschaft entzünden würde, oder zu Dorffesten, die nicht selten auch eine Art Heiratsmarkt waren. Heutzutage ist die Partnersuche eine Wissenschaft für sich. Es gibt bestimmt hundert und eine Möglichkeit, den Richtigen oder die Richtige fürs Leben zu finden – ob mit oder ohne Trauschein. Dazu gehören Partnervermittlungs- und Singlebörsen im Internet, Blind Date- und Speed-Dating-Veranstaltungen, Kuppelshows im deutschen Fernsehen oder auch die traditionelle Kontaktanzeige in einer Tages- oder Wochenzeitung. Das Geschäft mit den einsamen Herzen floriert.

Doch woran orientieren sich Frauen und Männer in Deutschland bei der Partnerwahl? Der Soziologe Hans-Peter Blossfeld, der sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt, meint:

„Also, einmal ist es immer schon so gewesen, dass man sich gerne mit jemanden assoziiert hat, der einem sehr ähnlich ist, weil man sozusagen da auch von vornherein ’ne ganze Reihe von Konflikten vermeidet, weil man sich einfach besser versteht, wenn man sozusagen auf der gleichen Ebene einen Partner hat. Daran hat sich in letzter Zeit nicht viel geändert. Aber strukturell hat sich viel geändert.“

Wurde noch in den 1980er-Jahren fast jede dritte Ehe über soziale Schichten hinweg geschlossen, haben mehr als 90 Prozent der Paare, die sich heutzutage das Ja-Wort geben, eine ähnliche Bildung und stammen in etwa aus dem gleichen Milieu. Man assoziiert, verbindet, sich mit jemanden, der auf gleichem geistigen und sozialen Niveau ist, ähnliche Interessen oder Hobbys hat: Gleich und gleich gesellt sich halt gern, heißt es in einem deutschen Sprichwort. Es hat sich also strukturell etwas verändert. Doch gerade Akademikerinnen haben Schwierigkeiten, einen passenden Partner zu finden. Für Hans-Peter Blossfeld  liegt der Grund dafür auf der Hand:

„Weil immer noch ’n größerer Teil von Akademikern ‚nach unten‘ sozusagen ’ne Partnerin sucht. Das ist immer schon so gewesen, und das ist heute auch immer noch normal. Das heißt, ein Teil dieser männlichen Akademiker verschwindet sozusagen durch solche Paare vom Markt. Und gleichzeitig ist es so, dass die Frauen die Männer beim Studienbeginn an der Universität überholt haben. Die sind auch noch erfolgreicher im Studium. Das heißt also, das Problem besteht jetzt eigentlich darin, dass Frauen große Probleme haben, einen Partner zu suchen, der unter ihrem Niveau liegt, also beruflich, bildungsmäßig et cetera.“

Bei der Partnersuche unterscheiden sich Akademiker und Akademikerinnen. Die Männer, so Hans-Peter Blossfeld, orientieren sich gern „nach unten“. Sie suchen und heiraten eher jemanden, der keine akademische Bildung oder Ausbildung hat: der Chefarzt die Krankenschwester, der Pilot die Flugbegleiterin. Sie tauchen dann auf dem Markt potentieller Kandidaten für partnersuchende Akademikerinnen gar nicht mehr auf. Diese wiederum haben – anders als die Männer – Vorbehalte, sich „nach unten“ zu orientieren. Früher schauten laut Hans-Peter Blossfeld 55 Prozent der Akademikerinnen nach jemandem, der das gleiche oder sogar ein höheres Bildungsniveau hat, jetzt sind es schon 80 Prozent. Dieses Verhaltensmuster setzt sich auch bei der Partnersuche im Internet fort, meint der Soziologe:

„Das heißt, die Personen schauen sich die Profile möglicher Kandidaten an und wählen dann diejenigen aus, die ihnen relativ ähnlich sind. Das ist die Haupttendenz. Und es kommt auch zum Tragen, dass Frauen sozusagen Partner auswählen, anklicken und anschreiben, die ein höheres Bildungsniveau haben, einen höheren sozialen Status haben, ’n hohes Einkommen haben, während bei Männern sozusagen die andere Richtung noch immer sehr üblich ist.“

In Deutschland gibt es zahlreiche Internet-Partnerschaftsportale. Diese funktionieren fast alle nach demselben Prinzip: Der Single legt sich ein Profil zu, eine Art Steckbrief, Darstellung, der eigenen Person. Dieses enthält nicht nur ein Foto, sondern unter anderem auch Informationen über einen selbst. Tipps, worauf man bei der Anlage eines Profils achten sollte, gibt es im Internet zuhauf. Denn wie sich jemand darstellt, ist entscheidend dafür, ob er angeschrieben wird. Angeblich erhalten ansprechende Profile fünfmal mehr Anfragen als langweilige. So ein Wortlaut hätte daher wohl wenig Aussicht auf Erfolg:

„Fröhliche Sie, 23, 173, langes, dunkles Haar, Kindergärtnerin, praktizierende Katholikin mit einwandfreier Vergangenheit, sucht einen netten, treuen Partner bis 28 Jahre. / Pensionär, 75, 180, verwitwet, ehemals Ingenieur, humorvoll und zuverlässig, motorisiert, möchte nicht mehr alleine sein. Eine warmherzige, natürliche Dame sollte den Mut haben zu antworten.“

Egal, welchen Weg der Suche jemand beschreitet: Höhen und Tiefen liegen nah beieinander. Nicht immer findet man direkt beim ersten Mal die Frau oder den Mann fürs Leben. Auch Beatrix hat diese Erfahrung gemacht. Mit einem Mann, der auf ihre Annonce geantwortet hatte, verbrachte sie einen unterhaltsamen Abend im Restaurant. Er bat um ihre Telefonnummer – und meldete sich nie wieder:

„Dann habe ich zwei Wochen später angerufen und habe einfach gesagt, dass ich das nicht gut fand. Ich hätte ihn jetzt abgehakt, bei mir hätte er so viele Negativpunkte, dass ich keine Basis für ’ne Freundschaft finden würde dabei.“

Ausdauer und ein gesundes Selbstbewusstsein sollten alle mitbringen, die einen Partner suchen, um Niederlagen leichter wegzustecken. Beatrix zumindest hakte die Sache und die Person ab, wollte sie so schnell wie möglich vergessen. Erfolge stellen sich in den meisten Fällen sowieso sehr selten sofort ein. Verwunderlich, wenn man die Palette an Angeboten betrachtet. Nach Beatrix’ Erfahrung sind viele Menschen hierzulande einfach zu unverbindlich:

„Ich glaube auch, manche Leute, die nehmen das ergänzen gar nicht so ernst, oder das, was sie so sagen. Die reden sich irgendwelchen Frust von der Seele auch, und man denkt gleich: ‚Oh, man ist Vertrauensperson für die‘ und fühlt sich irgendwie geehrt, dass wildfremde Menschen einem Vertrauen entgegenbringen. Aber dann passiert nichts. Vielleicht ist das einfach ein Ersatz für einen Psychologen oder einen Psychiater. Ich weiß es nicht.“

Beatrix denkt, dass manche Menschen derartige Treffen nicht dafür nutzen, den anderen unbedingt kennenzulernen, sondern sich ihren Frust von der Seele zu reden, über ihre eigenen Enttäuschungen und Belastungen zu sprechen. Da wird einem von einer wildfremden, völlig unbekannten Person das Gefühl vermittelt, für sie eine Vertrauensperson zu sein, doch letztendlich dient man nur als Ersatz für einen ausgebildeten Therapeuten.

Partnersuche – vor allem im Internet – ist auch mit großen Risiken verbunden. Die Gefahr, auf Betrüger und Betrugsmaschen reinzufallen, ist sehr hoch. Suchende reagieren auf Fake-Profile, bei denen die angegebene Person gar nicht existiert. Besonders perfide ist hier das sogenannte Love Scamming, eine moderne Form des Heiratsschwindels. Allen Maschen gemein ist, dass versucht wird, an Daten und Geld der Suchenden zu gelangen, indem zunächst ihr Vertrauen erschlichen wird. Besonders gefährlich ist allerdings auch, an einen Stalker oder eine Stalkerin zu geraten, der/die jemanden verfolgt, ihm auflauert, ihn telefonisch terrorisiert. Vorsicht ist also geboten, damit man nicht leidvoll erfahren muss, dass Geld oder Daten weg sind und man mit gebrochenem Herz zurückbleibt. Die Suche nach einem Partner oder einer Partnerin muss sich aber nicht immer so kompliziert gestalten:

„Ja, ich hab meinen Mann mit 13 Jahren kennengelernt. Das ist schon lange her, auf ’nem Klassentreffen unserer Eltern. / Im Zug, unterwegs, auf’m [Weg in den] Urlaub. / In Bus und Bahn, in Amerika im Urlaub. / In der Disco. / Meistens in der Schule. / Im Café. / Im Kindergarten.“

Wer einen Partner sucht, sollte also nicht so schnell aufgeben, denn wie heißt es so schön: „Unverhofft kommt oft.“

„Verliebt, verlobt, verheiratet, so heißt das Spiel zu zwein / Verliebt, verlobt, verheiratet, da sag ich Dir nicht Nein …“

 

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* Mit einem Beitrag von Gabi Klasen und einem Interview von Silke Ballweg mit Professor Hans-Peter Blossfeld zum Thema Partnersuche

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