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Klinsmann muss Hertha-Aufsichtsrat verlassen

13. Februar 2020

Den Verein kritisieren, die Mannschaft ohne Trainer zurücklassen, aber im Aufsichtsrat von Hertha BSC bleiben? Diese Rechnung von Jürgen Klinsmann ging nicht auf. Investor Lars Windhorst wirft ihn raus.

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Bundesliga Hertha BSC | 2019 | Jürgen Klinsmann, Trainer
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Sohn

Für Jürgen Klinsmann ist das Kapitel Hertha BSC beendet. Zwei Tage nach seinem Rückzug als Trainer gab die Klubführung des Fußball-Bundesligisten bekannt, dass Klinsmann auch nicht mehr im Aufsichtsrat mitarbeiten wird. "Rein technisch ist Herr Klinsmann derzeit nicht Mitglied im Aufsichtsrat, weil sein Mandat ruht. Und er wird nicht mehr in den Aufsichtsrat berufen", sagte Klub-Investor Lars Windhorst.  

Klinsmann hatte am 27. November das Traineramt des abstiegsbedrohten Erstligisten übernommen und große Ziele formuliert. Mit zwölf Punkten aus neun Spielen blieb seine Bilanz in der Bundesliga aber bescheiden. Schon seit Wochen hatte es hinter den Kulissen Meinungsverschiedenheiten zwischen Klinsmann und dem Sport-Geschäftsführer Michael Preetz über die zukünftigen Kompetenzen des Trainers gegeben. Am Dienstag zog Klinsmann schließlich die Konsequenzen und kündigte via Facebook nach nur elf Wochen seinen Rückzug als Hertha-Trainer an. Die Vereinsführung war auf diesen überraschenden Schritt nicht vorbereitet und wurde von Klinsmann vorher nicht informiert. Wie verstimmt Klinsmanns Vertrauter Windhorst ob dieses "Hals-über-Kopf-Rückzugs" war, zeigte sich in seiner  Bewertung der Aktion. "Das war ein inakzeptabler Abgang", sagte der Investor, der über 200 Millionen Euro in die Hertha investiert hatte, "so etwas kann man als Jugendlicher machen, aber nicht als Erwachsener." 

Schneller Aufstieg, rascher Abgang

Klinsmann war Anfang November im Zuge dieses Engagements von Windhorst als dessen Vertrauter in das Kontrollgremium gerückt, hatte sein Mandat aber ruhen lassen, als er das Traineramt übernommen hatte. Am Dienstag hatte der 55-Jährige dann völlig überraschend seinen Rücktritt erklärt und damit auch die Vereinsverantwortlichen überrumpelt.

Offenbar war der Grund für den plötzlichen Rücktritt Jürgen Klinsmanns dessen unerfüllter Wunsch, mehr Macht bei Hertha BSC zu erhalten. "Nach meinem Verständnis sollte ein Trainer - nach dem englischen Modell - die gesamte sportliche Verantwortung tragen. Also auch über Transfers. Das gibt der Position wesentlich mehr Power", sagte Klinsmann der "Bild"-Zeitung (Dienstag). "Wir haben in den vergangenen Tagen deutliche Reaktionen und Anzeichen bekommen, dass sich die angesprochene Situation nicht verbessert, sondern eher noch  verschlechtert." Laut Informationen des "Kicker" wollte Klinsmann ab Sommer als Technischer Direktor für die Hertha arbeiten - einen Posten, den es so bisher nicht gibt - kam mit seinem Wunsch aber nicht durch.

Positive Bilanz beim "Himmelfahrtskommando"

Am Dienstag hatte Klinsmann noch eine positive sportliche Bilanz gezogen: "Ich habe ein Himmelfahrtskommando übernommen und habe nur in einem Spiel schlechter abgeschnitten als gehofft", sagte Klinsmann. "Dem Trainerteam ist es gelungen, die Mannschaft zu stabilisieren und von der Abstiegszone wegzubringen. Ich bin sicher, die Jungs schaffen den Klassenerhalt. Und zwar souverän."

Fußball Bundesliga | Jürgen Klinsmann | Hertha BSC
Offenbar kein reibungsloses Verhältnis: Jürgen Klinsmann (l.) und Michael Preetz (r.)Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Die Mannschaft wird weiterhin von Co-Trainer Alexander Nouri und dessen Assistenten Markus Feldhoff trainiert. Ob der ehemalige Bremer Cheftrainer das Team bis zum Ende der Saison hauptverantwortlich betreuen darf, ist immer noch offen. "Wir werden mit Nouri und Feldhoff und dem Trainerteam in die nächsten Wochen gehen. Wir wissen alle, dass wir schwere Aufgaben vor der Brust haben und in den nächsten Wochen punkten müssen. Diese beiden verdienen die volle Unterstützung, die Mannschaft auf die nächsten Wochen vorzubereiten", sagte Hertha-Manager Michael Preetz am Donnerstag in Berlin und betonte: "Wir hoffen und sind davon überzeugt, dass wir die nötigen Punkte holen werden." Auch Performance Manager Arne Friedrich bleibt im Amt. Die Stelle für den früheren Hertha-Kapitän war auf Drängen von Klinsmann neu geschaffen worden.

Preetz sucht ambitionierten Trainer

Als mögliche Nachfolger wurden direkt nach Klinsmanns Rücktritt Bruno Labbadia, der zuletzt ein Engagement beim VfL Wolfsburg hatte, und der Ex-Leverkusener Roger Schmidt gehandelt. Der gebürtige Berliner und ehemalige Bayern-Trainer Niko Kovac, den sich viele Hertha-Fans als Trainer wünschen, steht laut Informationen des Sport-Informationsdienstes SID nicht zur Verfügung. Mit Blick auf den Trainerposten sagte Preetz, dass es "für Sommer natürlich eine Aufgabe" sei, "eine neue Besetzung für den Cheftrainerposten zu finden". Man suche einen Trainer, "der mit uns die Ziele angeht, der ehrgeizig und ambitioniert ist".

Fußball Bundesliga Bayer 04 Leverkusen - Hamburger SV
Zwei mögliche Kandidaten für die Nachfolge? Bruno Labbadia (l.) und Roger Schmidt (r.)Bild: picture-alliance/Eibner/J. Schueler

Eine Veränderung im Trainerteam wurde bereits vollzogen: Direkt nach dem Klinsmann-Rücktritt kehrte der ehemalige Hertha-Torwarttrainer Zsolt Petry wieder zurück bei der Profi-Mannschaft. Der 53-Jährige, der im Verein hoch geschätzt wird, war von Klinsmann aussortiert und durch Bundestorwarttrainer Andreas Köpke ersetzt worden. Dabei hatte offenbar auch eine Rolle gespielt, dass Petry zuvor Klinsmann-Sohn Jonathan, der zwei Jahre lang als dritter Torwart zum Hertha-Profikader gehörte, offen kritisiert als letztlich nicht tauglich für die Bundesliga eingestuft hatte.

asz/ck/AR (dpa, SID)