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Mission verfehlt: Scholz besucht Biden und bringt nichts mit

8. Februar 2022

Er kam mit leeren Händen und wählte eine Sprache, die kaum jemand hier versteht. Der Kanzler hat es in Washington nicht vermocht, seine Kritiker zu überzeugen, meint Michaela Küfner.

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Washington Scholz und Biden
Bild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

"Ich verspreche Ihnen, wir werden in der Lage sein das zu tun", sagt US-Präsident Joe Biden bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz - und meint das "Aus" für die Gaspipeline Nord Stream 2, sollte Russland erneut die Grenze der Ukraine verletzen. So spricht eine Weltmacht, die sich ihres Partners sicher ist. Denn umgesetzt werden müsste das "Aus" von Deutschland. Dort kommt die Pipeline aus Russland an.

Der Kanzler widerspricht Biden zumindest nicht. Das muss dann aber auch reichen. Denn Scholz kann sich nicht dazu durchringen, Nord Stream 2 direkt anzusprechen. Stattdessen flüchtet er sich in Formulierungen, die viele Beobachter aus den 62 Tagen seiner Amtszeit bereits allzu gut kennen: Dass im Falle einer russischen Invasion in die Ukraine "alles auf dem Tisch" liege. Und es "sehr hohe Kosten für Russland" haben würde. Da hilft auch die diffuse Erweiterung seiner Drohung wenig, dass "noch viel mehr passieren" könne, als Russland womöglich erwarte. So etwas versteht hier keiner.

Kein fulminanter Auftritt

#woistScholz ist der Hashtag in Deutschland, den der Kanzler auf seinem Weg nach Washington hinter sich lassen wollte. Wochenlang hatte er sich kaum zu Wort gemeldet. Doch statt eines fulminanten Auftritts als "Leader of Europe", den man anrufen kann, wenn man mit Europa sprechen will, geht diese Suche während der Pressekonferenz weiter.

DW-Korrespondentin Michaela Küfner
DW-Korrespondentin Michaela KüfnerBild: DW

Vor seiner Ankunft hatte die große Frage in Washington gelautet: "Ist auf Scholz Verlass"? Weshalb Präsident Biden seinen Gast mit Bekundungen überhäuft, dass er "keinen Zweifel" daran habe, wie "absolut verlässlich" Deutschland und Scholz seien. Doch wird es kaum helfen, die amerikanische Kritik am Kanzler im Zaum zu halten.

Denn Scholz spricht auch das nicht an, hat sich kein Zitat zurechtgelegt, selbst als er Englisch spricht. Da kommt kein Wertebekenntnis wie: "Germany will guarantee the values we share with America in Europe." Nun ist Pathos seine Sache nicht, doch der Punkt ist: auch hier gibt's kein Gastgeschenk.

Dabei wäre das so wichtig gewesen. Seit Wochen trompeten die Thinktanks in die Früh-, Spät- und Abendsendungen, dass Berlin mal wieder kneife, wenn es um die harten Themen gehe, und statt Waffen nur Helme und Lazarette in die Ukraine liefere.

Die Fußabdrücke der Vorgängerin

Dass Scholz - wie eine Mehrzahl der Deutschen - den Frieden in Europa durch Diplomatie sichern will, ist hinlänglich bekannt. Doch Amerika hat keine Berührungsängste damit, einen Frieden mitunter auch militärisch "herzustellen". Da hilft die Ankündigung Deutschlands wenig, 350 weitere Soldaten in den NATO-Verband nach Litauen zu verlegen.

Kurzum: Scholz spricht eine diplomatische Sprache, die sich schlecht ins Amerikanische und schon gar nicht in die Sprache der amerikanischen Machtpolitiker im Kongress übersetzen lässt. Auch Biden spürt den Druck von dort, während Kanzler Scholz sich zudem noch seines Vorvorgängers und Parteigenossen Gerhard Schröder erwehren muss, der sich gerade in den Aufsichtsrat des staatlichen russischen Gaslieferanten Gazprom wählen lässt, und der die Nord Stream Pipelines überhaupt erst auf den Weg gebracht hat.

Hinzu kommt: Noch während Scholz und Biden in Washington sprechen, treten in Moskau auch die Staatschefs Emmanuel Macron und Wladimir Putin vor die Kameras. Der russische Präsident kündigt an, mit seinem französischen Kollegen in einigen Tagen erneut zu telefonieren. So könnten die Fäden in der gefährlichsten Konfrontation mit Russland seit Ende des kalten Krieges am Ende in Paris zusammenlaufen. Die Fußstapfen von Angela Merkel werden gerade neu vermessen.